Brave New Church – das war unser Forum 2023

Am 21. Oktober war es so weit: Das erste KFM-Forum nach der Corona-Pandemie hat in Kleinsachsenheim stattgefunden!

Zunächst konnten die Teilnehmer:innen durch den fundierten Vortrag von Peter Burkowski nachvollziehen, wie die Gestalt und Struktur unserer parochialen Kirche erst im 19. Jahrhundert entstanden sind: Durch die Landflucht und Verstädterung war die Verteilung der Kirchenmitglieder in Ungleichgewicht geraten. Um die pastorale Begleitung der Mitglieder – insbesondere in den Städten – zu garantieren, verteilten die Kirchenleitungen die Pfarrstellen nach dem parochialen Prinzip. Burkowsi hob außerdem hervor, dass der heutige Normalfall der „generalistischen Kirchengemeinde“ (in einer Gemeinde gibt es Angebote für alle mögliche Zielgruppen) in der Bismarck’schen Zeit entstand: Analog zu den damals entstandenen Vereinshäusern schossen Anfang des 20. Jahrhunderts die Gemeindehäuser vom Boden. Diese Immobilie ist heute sowohl Betätigungsraum für Gruppen als auch Sorgenkind vieler Kirchengemeinderäte. Burkowskis Analyse: Man sollte den Nutzen der Gemeindehäuser prüfen und mit Alternativen abwägen. Die Lösungen von gestern mögen für ihren gesellschaftlichen Kontext bahnbrechend gewesen sein, sie weisen uns aber nicht automatisch den Weg in die Zukunft hin. Er betonte: „Unsere (aktuelle) soziale Form ist nicht das Evangelium.“

Dem Vortrag folgte ein Workshop: Alle Teilnehmer:innen konnten miteinander diskutieren, wie Kirche neu gedacht und gestaltet werden könnte. Als Grundgerüst dienten sechs Thesen von Uta Pohl-Patalong über die Zukunft der Kirche. An Stationen konnten die Teilneher:innen ihre Ideen und Anregungen einbringen und auf Stellwänden festhalten. Es wurde unter anderem angeregt, dass kirchliche Innovationen konsequenterweise im Kirchenrecht und im kirchlichen Haushalt genauso „normal“ werden wie das Modell der parochialen Kirchengemeinde. Bezüglich der kirchlichen Berufe wurde hinterfragt, ob der obligatorische Religionsunterricht für alle Pfarrpersonen einer begabungsorientierten Personalpolitik entspräche. Und nicht zuletzt bewegte die Frage, welche Vision von Kirche notwendig ist, damit Menschen dem Evangelium von der unbedingten Liebe Gottes begegnen können.

Nicht nur wurde Zitronenkuchen gegessen: Zum Abendessen versorgte der Foodtruck alle Anwesenden mit vegetarischen Speisen. Zwischen dem Ende des Forums und der anschließenden Mitgliederversammlung konnten viele Gespräche und Begegnungen stattfinden.

– Ein Artikel von Blaise Gourget

Rückblick auf die Herbstsynode 2023

Und sie bewegt sich doch! 

Kirche für morgen hatte bereits im Wahlkampf und dann mit der Antragseinbringung eine

Gesamtstrategie der Landeskirche für das Themenfeld
„Kirche der Zukunft – neue Aufbrüche“
gefordert.

Nun, drei Jahre später, stellt der Vorsitzende des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung Kai Münzing in seinem Bericht fest, dass das ursprüngliche Antragsanliegen durch entsprechende Entwicklungen, mehr als erwartet erreicht wurde.
 
Bei Interesse lese hier weiter, was alles durch die Initiative von Kirche von morgen ermöglicht wurde:

  • Die Einrichtung der Projektpfarrstellen Innovation in Crailsheim, Stuttgart, Bad Urach-Münsingen, Nürtingen, Merklingen, Gammertingen-Trochtelfingen, Hirsau, Ludwigsburg und Weikersheim
  • Die Wiederbesetzung der Referentenstelle für Innovation und Neue Aufbrüche mit Miriam Hechler
  • Der Innovations- und Ehrenamtstag am 04.Mai 2024 in Reutlingen unter dem Motto „Gemeinde begeistert“ – „Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ dient als Austauschplattform und Mutmachforum für alle Startups und Neuaufbrüche innerhalb der Landeskirche
  • Die Innovationslandkarte, die aktuell rund 100 inspirierende Projekte in Kirchengemeinden in Distrikten und in Kirchenbezirken umfasst und auf weitere Projektanmeldungen hofft
  • Das Projekt „multiprofessionelle Teams“, das ebenfalls Erprobungsräume auf Gemeinde- und Distriktebene ermöglicht und vermutlich ab dem Jahr 2025 Gemeindeleitungs- und gestaltungsalternativen aufzeigen wird
  • Die Erkenntnisse diverser Untersuchungen hinsichtlich RegioLokaler Gemeindeentwicklungen, die nun in die Ausbildung der Vikarinnen und Vikare Einzug findet und bei Dekanendienstbesprechungen ebenfalls wichtige richtungsweisende Impulse gibt. Die Aspekte fliesen bereits heute in eine Vielzahl von Beratungsprozessen durch die „Vernetzte Beratung“ mit ein
  • Die geplante Zusammenlegung von Innovationsfond und Fond für Neue Aufbrüche und die damit einhergehende nochmalige finanzielle Aufstockung
  • Die Stärkung der Perspektive Neuer Aufbrüche und der missionalen Gemeindeentwicklung durch das zum 1. April 2023 neu installierte „Zentrum für Gemeindeentwicklung und missionale Kirche (GEM)“ im Dezernat 1 des Oberkirchenrats.
  • Die Initiative des sozialdiakonischen Projekts im Diakonischen Werk „Aufbruch im Quartier“ und die damit verbundenen neuen Gemeindeentwicklungsmöglichkeiten
  • Und zuletzt durch die Möglichkeit, die Transformationsstellen im Rahmen des PfarrPlans 2030 inhaltlich frei auszugestalten, werden nachhaltige Möglichkeiten zur parochieunabhängigen Arbeit geschaffen.

– Von Kai Münzing


Die 6. Kirchenmitgliedschafts-Untersuchung

Die KMU 6 zeigt uns sehr klar, dass Kirchenbindung, aber auch Religiosität gesellschaftlich zurückgehen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die soziale Reichweite der Kirche nach wie vor hoch ist. Hier verliert die Kirche nicht an Bedeutung. Das Vertrauen in die sozial-diakonischen Institutionen der beiden großen Kirchen, Caritas und Diakonie, ist hoch. Die KMU 5 hatte angenommen, dass der Schwerpunkt der religiösen Sozialisation in der Familie liegt. Schön ist, dass dieser Blickwinkel in der KMU 6 erweitert wird und auch kirchlichen Angeboten hohe Bedeutung für die religiöse Sozialisation zurechnet.  80% der befragten Evangelischen geben laut KMU 6 an, dass sich die Kirche grundlegend verändern muss, damit sie eine Zukunft hat.

Anja Faißt beschreibt in ihrem Votum, dass Kirche für Morgen dazu konkrete Vorstellungen hat:

  • Jetzt ist die Zeit, neue Formen von Kirche konsequent umzusetzen!
  • Jetzt ist die Zeit, Kirche konsequent vernetzt zu denken!
  • Jetzt ist die Zeit, Kirche konsequent sozialdiakonisch zu denken!

In der Aussprache betonen Marion Blessing die alternativen Zugänge zum Religionsunterricht und Britta Gall die gesellschaftliche Reichweite der Kirche als Hoffnung. Des Weiteren sagte Ralf Walter, dass wir angelehnt an Simon Sinek, mehr danach fragen warum wir etwas machen und nicht immer nur wie wir etwas machen.

– von Anja Faißt


Strategische Planung

„Der Oberkirchenrat macht, was er will!“ Der Oberkirchenrat ist intransparent in seinem Handeln!“ 

In seinem Gesprächskreisvotum konfrontiert Bernd Wetzel mit Aussagen, die er in Gesprächen in der Region immer wieder hört, machte dabei jedoch klar: „Die strategische Planung ist ein starkes Gegenbeispiel, das jedenfalls große Hoffnungen auf Veränderung weckt.“ Und dass aus seiner Sicht die Planung von einem hohen Maß an Transparenz getragen ist, die ihm nun neue gute Argumente für Gespräche vor Ort liefert.

Am Donnerstag hatte Direktor Stefan Werner die Strategische Planung des Oberkirchenrats vorgestellt. Er führt dabei die Grundlinien vom Bericht der Planung aus 2022 weiter. Im Kollegium wurde eine Strategie entwickelt, mit der man darauf reagieren will, um nötige Veränderungen zu etablieren, um so „die Kirche zukunftsfähig zu halten“. 

Bernd Wetzel sagte im GK-Votum, die Synode stünde mit dem Oberkirchenrat vor der Aufgabe, „die Gesetze und Regelungen zu entschlacken und wo nötig, sie zu ändern oder abzuschaffen.“ Denn die bestehende Gesetzeslage „bringt uns leider dazu, dass wir alles von oben nach unten kontrollieren und regeln“. Die Aufgabe für die Zukunft sei „dass wir uns von Gott, mit seinem Beziehung stiftenden Wesen, senden lassen, um Beziehung zu Menschen zu suchen und zu bauen.“ Um dies zu veranschaulichen, hatte er ein aktuelle Rechtssammlung auf den Rednerpult gestellt und festgestellt, dass diese ganz schön dick geworden ist. Auch auf die Aussage weiterhin Volkskirche sein zu wollen hatte sich Bernd Wetzel Stellung bezogen und mit einem Zitat von Winfried Kretschann  (aus Rede vor der EKD-Synode): „Wir sind in Zukunft eher eine Kirche im Volk – Salz der Erde und Licht der Welt! Ich denke, so muss man zukünftig Kirche sehen!“ 

– Von Bernd Wetzel


Aktuelle Stunde

In der aktuellen Stunde behandelt die Synode jeweils ein aktuelles gesellschaftsrelevantes Thema.
Kurz vorher hörten wir Prof. Barbara Traub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) mit einem Grußwort, in dem sie sagte: „Wir müssen und sollen als abrahamitische Religionsgemeinschaften den Dialog und Trialog suchen – mehr denn je. Zugleich aber in unseren jeweiligen Gemeinschaften von extremistischen oder einseitigen Positionen fernhalten.“

Dieses Mal war das Thema der aktuellen Stunde: „Welchen Beitrag können wir als Christinnen und Christen und als Ev. Landeskirche in Württemberg im Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland leisten?“ In vielen Wortmeldungen behandelten die Synodalen den wachsenden Antisemitismus – auch in unserer Kirche.

Für Kfm trat dazu Kai Münzing ans Pult und zitierte Diakoniepräsident Ulrich Lilie: „Aus unterschiedlichen Perspektiven ergibt sich ein europäischer Konsens: Nie wieder. Nie wieder totalitäre Herrschaft, nie wieder Ausgrenzung, Antisemitismus und Rassismus, nie wieder die Menschenwürde in Grund und Boden treten, nie wieder Mord und Totschlag. Stattdessen ist das europäische Friedensprojekt gegründet auf den Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, dem Wohlergehen aller seiner Bürger:innen verpflichtet!“.

Zum Abschluss der aktuellen Stunde beteten Präsidentin Sabine Foth und der Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl für die Lage in Israel, Gaza und auch in Württemberg.

– Von Britta Gall


Verfolgte Christen

Christen leben ihr Leben nicht allein, sie sind verbunden mit anderen Christen in der ganzen Welt. Einmal im Jahr wird in einem Bericht im Besonderen an die Christen erinnert, die durch ihr Christsein Nachteile im Leben haben. In ihrem Bericht nahm Kirchenrätin Dr. Christine Keim drei Länder bzw. Gruppen besonders in den Blick: Armenien, Irak und indigene Völker.

Dr. Christine Keim erläuterte den aktuellen Konflikt und seine Folgen für Christen in der Region Berg-Karabach vor dem Hintergrund der Situation in Armenien. Die Lage von Christen im Irak nannte sie besorgniserregend. Zum Thema „Indigene und Religionsfreiheit“ zitierte sie aus dem Bericht der Bundesregierung zu Religions- und Weltanschauungsfragen vom November und erläuterte die Bedeutung und das Ausmaß der Verletzung dieses Rechts, gerade für indigene Menschen, die einer christlichen Geschichte angehören.

– Von Matthias Böhler


Dekanatsplan 2030

Auf der Herbstsynode wurde der Dekanatsplan 2030 vorgestellt. Dieser Plan bildet eine nachvollziehbare Grundlage für anstehende Strukturanpassungen auf der mittleren Ebene, also im Prinzip für Fusionen von Kirchenbezirken. Innerhalb der letzten 20 Jahre haben sich die Pfarrstellen in der Landeskirche halbiert, klar, das das auch Auswirkungen auf andere Ebenen der Landeskirche haben muss. Wichtig für uns ist, dass die Diskussionen und Entscheidungen in den Gremien vor Ort getroffen werden und verstehen den Dekanatsplan 2030 als Vorschlag und Diskussionsgrundlage für zukunftsfähige Strukturen.

– Von Matthias Böhler



Zitronenfalter 01/2024

Wir haben geschwitzt, gebrainstormt und gelayoutet. Und es hat sich gelohnt: Der neue Zitronenfalter ist da.

Warum wir im Jahr 2023 ein gedrucktes Magazin neu auflegen? Weil wir unsere Begeisterung für Kirche greifbar und fühlbar machen wollen. Dazu braucht es auch handfeste Möglichkeiten, gute Ideen physisch weitergeben zu können.

Ein Jahr lang haben wir als neu zusammengesetztes Redaktionsteam in verschiedenen Workshops unser Magazin auf den Prüfstand gestellt. Mit dem neuen Zitronenfalter wollen wir noch näher dran sein an den aktuellen kirchenpolitischen Entwicklungen in Württemberg. Deshalb gibt es ab sofort die Rubrik Synode, in der unsere Synodalen von ihrer Arbeit berichten. Außerdem ist es uns wichtig, immer von der Praxis aus auf die Kirchenpolitik zu blicken. Das Gemeindeporträt soll deshalb in jeder Ausgabe konkret vor Augen zeichnen, wo hoffnungsvolle Aufbrüche in unserer Landeskirche passieren. Und unser druckfrisches Layout von Grafikdesignerin Heidi Frank setzt ein klares Statement, wofür Kirche für morgen steht: ein mutiges, hoffnungsvolles und offenes Mindset mit Blick auf die Zukunft der Kirche.

Was aber ganz beim Alten bleibt, ist unser Anspruch: Aktuelle Themen, die unsere Kirche beschäftigen, für euch aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Darauf haben wir richtig Bock.

Das komplette Heft können Sie hier lesen oder als PDF herunterladen.

Zukunftsforum Brave New Church am 21.10.

Viele haben es vermisst. Für andere ist es neu. Und wir haben Lust darauf. Wir haben ein kleines, aber feines Forum vorbereitet. Herzliche Einladung zum Kfm-Forum, das am Samstag, 21.10.2023, um 15.00 Uhr in Kleinsachsenheim (bei Bietigheim-Bissingen) stattfindet.

Pfarrer i. R. Peter Burkowski, ehemaliger Leiter der Führungsakademie für Kirche und Diakonie (fakd) in Berlin, teilt kluge und hilfreiche Impulse zur Transformation der Kirche mit uns. Gemeinsam überlegen wir, wie Kirche neu gedacht und gestaltet werden kann. Außerdem gibt es Zitronenkuchen, Leckeres vom Foodtruck und viel Zeit für Gespräche und Begegnungen.

Das war die Sommersynode 2023

Synode weist OKR-Antrag zur Reduzierung der Synodalsitze zurück

Am Freitag hat Oberkirchenrat Dr. Frisch einen Antrag zur Reform der Wahlkreise und zur Verkleinerung der Synode eingebracht. Zur Begründung heißt es „Die Zahl der Kirchenmitglieder geht seit Jahrzehnten zurück. Die Strukturen unserer Landeskirche auf allen Ebenen müssen an die gesunkenen Gemeindegliederzahlen angepasst werden.“ So sollen laut dem Antrag die Wahlkreise zur Kirchenwahl 2025 von bisher 24 auf dann 15 reduziert werden. Ebenso soll die Zahl der Mitglieder der Landessynode zur Kirchenwahl 2031 von jetzt 90 auf dann 60 sinken. Diese verteilen sich auf 20 Ordinierte und 40 Nichtordinierte. Auch im geschäftsführenden Ausschuss und Landeskirchenausschuss sollen die Mitglieder der Landessynode entsprechend reduziert werden.

Dieser Vorstoß des OKR wurde vorab nicht gut kommuniziert und hat entsprechend gesprächskreis-übergreifend Empörung und Widerstand ausgelöst. Bernd Wetzel widersprach in der Aussprache dieser geplanten Reduzierung der Synodalsitze:

Wenn es darum geht, einzusparen, ist es natürlich richtig, an allen Stellen einsparen zu wollen und zu müssen. Das ist scheinbar ein folgerichtiger Gedanke, aber es geht hier um das Selbstverständnis der Synode. Ich verstehe mich und wir verstehen uns als gewählte Ehrenamtliche, welche im bevorstehenden Reformprozess nicht 1:1 zurückgefahren werden sollten. Das Gegenteil wäre aus meiner Sicht nötig: Es braucht gerade das Ehrenamt, es braucht gerade unsere Stimme, um diesen ganzen Prozess zu moderieren. Deswegen braucht es nicht weniger von uns, sondern es braucht uns in Zukunft in unveränderter Zahl.“

Die Landessynode hat den Antrag des OKR sofort zur Abstimmung gebracht und mit großer Mehrheit abgelehnt. Aus ihrer Mitte hat sie einen neuen, ähnlichen Antrag eingebracht, der auf den Passus „Reduzierung der Synodalmitglieder“ verzichtet. Dieser wurde an die Fachausschüsse zur Beratung verwiesen.

–Von Bernd Wetzel


Reform der Mitarbeitendenvertretung: Entfall der ACK-Klausel

In der Landeskirche und der Diakonie gibt es keine Vertretung der Mitarbeitenden durch eine Gewerkschaft, sondern hier wird die arbeitsrechtliche Vertretung der Mitarbeitenden durch die Mitarbeitervertretung (MAV) gemacht. Das Ganze ist im Mitarbeitervertretungsgesetz (MVG) geregelt.

Die MAV wird von den Mitarbeitenden gewählt. Um in die MAV gewählt zu werden, war bisher geregelt, dass man in einer ACK-Kirche (Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen) Mitglied sein muss. Viele Mitarbeitende in der Diakonie sind mittlerweile nicht mehr Mitglied einer ACK-Kirche. Das hat zur Folge, dass diese Mitarbeitenden nicht in die MAV wählbar sind. Sie empfinden sich als Mitarbeitende zweiter Klasse. Das ist unserer Meinung nach nicht hinnehmbar.

Die Regelungen über die Wählbarkeit zur MAV stellen seit Langem das wohl meist diskutierte Problem im MVG dar. Die Landessynode hatte sich mit diesem Thema bereits in den Jahren 2013 und 2019 befasst.

In der Sommersynode 2023 wurde ein Gesetz eingebracht, die sogenannte „ACK-Klausel“ für die Wählbarkeit zu streichen. Nach einer heftigen Debatte über Pro und Contra hat die Synode mit überwiegender Mehrheit die Streichung beschlossen. Ergänzend wurde aufgenommen, dass die Kandidierenden zur MAV nochmals auf ihre Loyalitätsverpflichtung gegenüber Diakonie und Kirche hingewiesen werden, die sie mit ihrer Arbeitsvertragsunterzeichnung bereits eingegangen sind.
Wir sind froh, dass wir hier als Kirche für morgen diesen wichtigen Schritt für unser Mitarbeitenden in Diakonie und Kirche gehen konnten!

– von Reiner Klotz


Antrag zur Arbeitszeitregelung für Pfarrpersonen

In den letzten Jahren haben die Mehrbelastungen im Pfarrberuf zugenommen (Pfarrpläne, Verwaltungsaufgaben, Verwaltungs- und Steuerform). Die Arbeitsbedingungen haben sich erheblich verschlechtert. Die hohen Belastungen führen zu Überlastungen und zu krankheitsbedingten Ausfällen.

Im Sinne des Arbeitsschutzes und der Fürsorgepflicht braucht es eine geregelte Arbeitszeit. Dies trägt zur Attraktivität des Pfarrberufs und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Dazu hat Marion Blessing als Erstunterzeichnerin einen Antrag eingebracht.


Abschlussbericht Projekt „Partnerschaft, Ehen und Familien stärken“

Prof. Possinger (EH Ludwigsburg) stellt die projektbegleitende Studie vor

Am Freitagabend stand der ausführliche Abschlussbericht des Projekts „Familie stärken“ im Mittelpunkt der Beratungen. Dieses Projekt bildete von 2018 bis 2023 einen großen inhaltlichen und strategischen Schwerpunkt der Landeskirche. Es ist in dieser Zeit gelungen, das Thema Familie und Familienarbeit in der Fläche der Landeskirche in den Fokus zu nehmen und ein Netzwerk von unterschiedlichen Akteuren auf diesem Gebiet zu etablieren.

Oberkirchenrätin Carmen Rivuzumwami stellte den kirchlichen Auftrag und die Überzeugung an den Anfang ihres Berichts, dass es bei Kirche immer um Beziehungen geht. „Kirche sein heißt, in Beziehungen zu leben.“ Im Laufe der Projektzeit hat sich dabei die gemeindebezogene Familienarbeit als wichtiger Schwerpunkt herauskristallisiert.  Z. Bsp. trifft „Kirche Kunterbunt“ als innovatives Gottesdienstformat für Kinder, Eltern und Großeltern den Nerv der Zeit. Wir sind froh, dass diese Arbeit unter dem Dach des Evangelischen Jugendwerk in Württemberg weitergeführt werden kann. 

Von persönlichen Erfahrungen der Ausgrenzung als Familie mit Kindern im Gottesdienst berichtete Anja Faisst in der Aussprache. Sie forderte: 

„Ich wünsche mir, dass Familien gerne in unsere Gottesdienste kommen und ihren Platz dort haben. Ich wünsche mir, dass wir innovative Angebote weiterführen und neu entwickeln, wie z. B. kirchliche Gebäude zeitweise in Indoorspielplätze verwandeln.“

Auf die Vorstellung der projektbegleitenden Studie „Familie gefragt“, die von Frau Prof. Possinger von der EH Ludwigsburg vorgestellt wurde, reagierte Matthias Böhler mit der Frage nach dem Profil evangelischer Familienarbeit. Die Studie deckt eine Diskrepanz auf. Auf der einen Seite ist bei Familien gerade in der Familiengründungsphase das Interesse an Kirche, an Glaube, an Spiritualität riesengroß. Die gleichen Familien sagen aber auf der anderen Seite „Glaube ohne Kirche ist möglich“. Das stimmt nachdenklich. Was unterscheidet uns als Kirche von anderen Playern in der familienbezogenen Arbeit? „Schaffen wir nicht nur Kontakt- und Begegnungsfläche, sondern öffnen wir Räume für Spiritualität und Glaubenserfahrungen für Familien“, so Matthias Böhlers Forderung.

– Von Matthias Böhler


Aktuelle Stunde

Am Donnerstag, 6. Juli 2023, sind im Bundestag die Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe gescheitert. Diese Abstimmung wurde zum Anlass genommen, das Thema der aktuellen Stunde folgendermaßen zu wählen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Was können wir als Kirche in die Gesellschaft einbringen, um in diesem Sinne Menschen vom Beginn des Lebens bis zu ihrem Ende zu begleiten und zu schützen.“ Über diese schwierige und komplexe Thematik tauschten sich die Synodalen in der Aktuellen Stunde am Samstag aus.
 
Dass wir als Kirche bereits jetzt eine „Kultur des Lebens“ vertreten und dabei über eine vielfältige Palette an Suizidprävention, z.B. durch Unterstützungs- und Beratungsangeboten für Menschen mit Suizidgedanken verfügen, daran erinnerte Anja Faißt in ihrem Beitrag. Sie plädierte dafür, diese Palette auszubauen und kommunizieren und damit in die Gesellschaft zu wirken.
 
Marion Blessing sprach sich dafür aus, Menschen in existenziellen Krisen zu begleiten, die häufig dem Wunsch nach einem assistierten Suizid, dem Wunsch zu sterben voraus geht. Menschen begleiten, sie ernst nehmen, ihnen zuhören, Anteil an ihren Sorgen nehmen und Krisen miteinander aushalten, ohne schnelle Lösungen zu präsentieren, dies ist die Stärke unser Diakonie und Kirche.
 
Mitgefühl und Respekt angesichts der „Nichtlösung“ wünschte sich Götz Kanzleiter für die Abgeordneten im Bundestag. Dass ethisch-moralische Themen zu spaltenden Debatten führen können, wissen wir in der Synode auch.

– Von Britta Gall



Podcast zur Sommersynode:

Rückblick auf die Frühjahrssynode 2023

Mutige Schritte für die Kirche der Zukunft

Dass wir davon überzeugt sind, dass wir verstärkt die Transformation unserer Kirche vorantreiben müssen, wenn es „morgen“ noch eine Kirche geben soll, sagte Britta in ihrem Votum zum Bericht des Landesbischofs.
Von der Zukunft her denken und so handeln, dass der Boden für Pionierbäume im kirchlichen „Wald“ bereitet ist, um dadurch Aufbrüche für den neuen Kirchenwald wachsen zu sehen. Das heißt: neue Formen von Gemeinde, zielgruppenorientierte Gottesdienste, neue Anstellungsformen für Pfarrerinnen und Pfarrer, neue Zugänge ins Pfarramt! Denn auch wenn wir heute noch nicht sehen, wie die Kirche der Zukunft konkret aussieht, brauchen wir mutige Schritte in den Übergang hinein!


Pfarrplan 2030 – Pfarrstellen werden reduziert

Beim Pfarrplan 2030 geht es darum, wieviele Pfarrstellen es in unserer Kirche im Jahr 2030 noch geben soll bzw. geben kann. Die Mehrheit der Synode, auch die Mehrheit der KfM Synodalen haben sich für die vorgelegten Zahlen ausgesprochen. Sie sind um 42 Personen höher als im ersten Entwurf vorgeschlagen. Trotzdem sind die Einschnitte mit einem Minus von über 25% natürlich heftig. In den kommenden fünf Jahren geht die Generation der ‚Babyboomer‘ in den Ruhestand, die Zahl der Pfarrer*innen wird sich dadurch dramatisch reduzieren, da viel weniger Junge nachkommen. Wir haben JA zu den Zahlen gesagt, die sehr realistisch sind.
Wir von ‚Kirche für morgen‘ fordern auch ganz neue Wege auf dem Weg der Umsetzung dieses Pfarrplans in den nächsten Jahren. Es braucht dafür nicht einfach ein Weiterwursteln wie bisher, sondern einen echten Paradigmenwechsel: bei alternativen Zugängen zum Pfarramt, bei Zugängen aus anderen Ländern und Berufsgruppe. Es braucht eine neue Gottesdienstordnung und Nachnutzungskonzepte für nicht mehr benötigte Gebäude. Gleichzeitig braucht es Mut und Bereitschaft, einfach Dinge ausprobieren zu dürfen. Für alle hauptamtlichen Berufe in der Landeskirche muß es möglich sein, auch bei weniger Stellen, Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bekommen.


Antrag zur Umgemeindung

Bei einer Umgemeindung, also einem Wechsel in eine andere Gemeinde, nimmt bisher jedes Gemeindeglied seine Rechte und Pflichten in der gewählten Kirchengemeinde wahr, aber die Kirchensteuerpflicht besteht weiterhin gegenüber der Kirchengemeinde des Wohnsitzes. Durch den eingebrachten Antrag soll die Kirchensteuerpflicht bei einer Umgemeindung gegenüber der gewählten Kirchengemeinde bestehen.
 Kirchenmitglieder, die sich für eine Umgemeindung entscheiden, sind in der Regel durch ihre Biografie, ihr Engagement oder das Profil der gewählten Gemeinde mit ihr hoch verbunden. Die Aufgaben und Pflichten (Seelsorge, Kasualien, Verwaltung…) liegen bei der gewählten Kirchengemeinde. Sie versendet Gemeindebriefe, lädt zum Fest der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein usw., erhält dafür aber keine finanzielle Unterstützung. Gerade in Zeiten knapper werdender Kirchensteuer ist es deshalb nicht mehr plausibel vermittelbar, warum eine Umgemeindung keine finanziellen Auswirkungen hat. Aus den oben genannten Gründen haben wir einen Antrag mit folgendem Wortlaut in der Frühjahrssynode 2023 eingebracht:

Die Landessynode möge beschließen, Satz 2 des §6a (4) der Kirchengemeindeordnung (KGO) wie folgt zu ändern: „Die Kirchensteuerpflicht besteht ab dem Zeitpunkt der Ummeldung gegenüber der gewählten Kirchengemeinde.“


Statement zu „Kirche in guter Verfassung?“

„Kirche in guter Verfassung?“ So das Thema des Schwerpunkthalbtages Kirchenverfassung am Sa. 25.03.2023
100 Jahre ist unsere Kirchenverfassung in Württemberg geworden. Ein runder Geburtstag, der gefeiert werden muss! Ist es nun an der Zeit einen Prozess starten, der die Überarbeitung der gesamten Kirchenverfassung zum Ziel hat?
Grundsätzlich stellt sich die Frage: Sollen nur einzelne Zusammenhänge oder Paragrafen durch die gestellten Anträge geändert werden? Oder bräuchte es hier nicht vielmehr einen viel größeren Entwurf. Eine Verfassungsneuschöpfung. Anderseits gilt zu bedenken: Die Württembergische Kirchenverfassung hat den Charm, dass sie vergleichsweise kurzgehalten ist und vieles offen lässt, einen Gesamtrahmen bietet, was dann an anderer Stelle durch weitere Gesetze näher geregelt wird. Dies bietet Flexibilität ohne zu enge zu fassen. 
Dank an Frau Dr. Oelmann für ihre „steilen Ideen“ die sie uns mit auf den Weg gegeben hat. Sie hat davon gesprochen, dass wir die Verfassung ergänzen sollten mit dem, was bisher fehlt: Gemeinden und Kirchenbezirke! Auch sollte das Verhältnis der einzelnen Verfassungsorgane zueinander neu betrachtet werden unter dem Leitgedanken, was das große Ganze ausmacht. Und dann dieser Satz, der die Aufgabe, trefflich skizziert. Sie ermutigte dazu:“Denken Sie in die Zukunft und schaffen Sie in der Verfassung Raum für die neuen Gemeindeformen des 21. Jahrhunderts, die eher in Milieus und individueller Frömmigkeitspraxis, denn in Straßen und Stadtteilen begründet liegen werden.“
Was könnte dieser Leitgedanke, was „das große Ganze unserer Württemberger Landeskirche ausmacht“ sein? Was ist unser Bild von Kirche heute, für das die Verfassung den passenden Rahmen darstellt? Wir sind Kirche, weil uns Gott gesandt hat.  Diese missio  dei, diese Sendung Gottes steht ganz am Anfang von Kirche, und bildet die Grundlage für den Leitgedanken.
In die Zukunft gedacht: Wie schaffen wir es dass sich Menschen, jüngere, ältere, aus verschiedenen Lebenswelten und mit verschiedenen Lebensentwürfen eine Beziehung zu dem Gott finden, der eine Sehnsucht nach uns Menschen hat und mit uns Menschen in Beziehung leben möchte. Mit dieser Sendung Gottes hat Kirche begonnen, durch sie bekommt sie ihren Charm ihre Strahlkraft. Daraus lässt sich der Leitgedanke einer beziehungsorientierten Kirche ableiten, die nahe bei den Menschen ihren, Fragen, Sehnsüchten und Nöten ist.


Nachbesprechung zur Frühjahrssynode mit Ralf Walter und Reiner Klotz

Rassismus macht nicht vor der Kirchentüre halt

Wenn wir von Rassismus reden, reden wir oft von den anderen. Warum nicht einmal über uns selbst?

Wenn ich mir Talkshows zu den Themen Rassismus oder Identitätspolitik ansehe, erlebe ich häufig ein Schwarz-Weiß- Denken, das die Debatten aufkochen und die Menschen streiten lässt. Dabei sehe ich gerade in diesen Themen eine große Chance für uns Christ*innen, bessere Dialoge führen zu können. Gleichzeitig ist es als Kirche gefährlich, das Thema Rassismus von außen zu betrachten und uns als „die Guten“ zu betrachten. Als die, die nichts mit strukturellem Rassismus zu tun haben.

Wenn ich von Rassismus spreche, meine ich nicht den vielzitierten Rechtsextremismus und auch nicht jenen Rassismus, der Deutschland bis 1945 beherrschte. Ich meine eine rassistische Prägung, die sich seit der Aufklärung unbemerkt in uns verankert hat. Zur Zeit der Aufklärung brauchten die Menschen einen Legitimationstrick, mit dem es ok war, zum einen die Werte der Aufklärung – Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit – hochzuhalten und zum anderen die Menschen kolonial auszubeuten.

Also haben Gelehrte aus Philosophie, Kirche und Wissenschaft dazu beigetragen, ein Rassenkonstrukt in die Welt zu tragen und aufrechtzuerhalten, in dem eins feststand: Ganz oben steht die „weiße Rasse“. Eine Rasse, die die Werte der Aufklärung in sich vereint. Alle anderen sind Menschen zweiter Klasse und wurden entmenschlicht.

Heute wissen wir natürlich, dass es keine biologischen Menschenrassen gibt. Und doch gibt es immer wieder Äußerungen, die auf eben diese Klassifizierung zurückführen. Zum Beispiel wenn in der Kirche davon gesprochen wird, dass unsere afrikanischen Geschwister „Rhythmus im Blut“ haben oder die Deutschen „per se pünktlich“ sind und eine „innere Uhr sie antreibt“. Oder wenn in Medien darüber spekuliert wird, warum Läufer*innen aus Kenia bei den olympischen Spielen so schnell sind und sauber finanzierte Studien dann herausfinden wollen, dass die kenianische Wade im Schnitt 15 Gramm leichter ist. Vergleichbare Studien sucht man bei weißen Schwimmweltmeister*innen vergebens, weil bei ihnen die Gründe „Fleiß und hartes Training“ ausreichen.

Diese Bilder werden auch in unserer Kirche verfestigt, weil dort People of Color durchaus im kirchlichen Kontext zu sehen sind, aber fast ausschließlich als hilfsbedürftige Protagonist*innen auftreten, beispielsweise in der Diakonie, auf Spendenplakaten, bei der Arbeit mit Geflüchteten, der Hausaufgabenhilfe, auf der Fairtrade- Schokolade …

Wir sehen sie aber kaum bis gar nicht auf der Kanzel, im Kirchengemeinderat, der Kirchenleitung, im Mitarbeiter*innenkreis oder in unterschiedlichsten Planungstreffen.

Wenn ich heute durch die Innenstadt laufe, sehe ich deutlich, dass unsere Gesellschaft zu etwa einem Viertel aus Menschen mit Migrationshintergrund besteht. Der Anteil bei den Kindern unter fünf Jahren liegt sogar bei 41 Prozent. Wenn ich Sonntag morgens in den Gottesdienst gehe, sehe ich von dieser Vielfalt nichts. Die Diskrepanz ist aber kein Zufall, denn sie hat mit den verfestigten Bildern und Vorurteilen zu tun und mit der mangelnden Aufarbeitung der eigenen kolonialen Verstrickungen in der Entstehung des Rassenkonstrukts. Ich selbst konnte mir zum Beispiel nie vorstellen, Pfarrerin zu werden, weil es für mich in der Kirche schlichtweg keine Vorbilder gab. „You can only be what you can see“ – es gibt an den entscheidenden Stellen unserer Kirche bis heute viel zu wenig People of Color.

Und wenn wir schon über Rassismus reden, reden wir nur zu oft von den anderen und betrachten uns als Kirche viel zu selten mit der notwendigen Selbstkritik. Dabei hängt unsere Zukunftsfähigkeit doch auch davon ab. Gerade in Hinblick auf schwindende Mitgliedszahlen in einer pluralen Gesellschaft muss sich Kirche selbstkritisch in den Blick nehmen und so den vielfältigen Identitäten Beachtung und Achtung entgegenbringen.

In der Bibel sehen wir, wie Gott selbst sich von Anfang bis Ende an der Seite der Unterdrückten sieht: Gott rettet durch den Exodus, Jesus lebt und predigt, wo er sich und Gott in der Welt sieht. Und Paulus warnt vor Spaltung und ruft zur Liebe untereinander auf, in einer Kirche, die schon damals nicht mono-kulturell gedacht war. Außerdem sehen wir uns als Christ*innen als Leib Christi.

Dieses Bild des Leibes kann uns helfen, uns von latentem Schwarz-Weiß-Denken zu lösen und versteckte Rassismen gemeinsam zu überwinden.

Es mag wehtun, Rassismus bei sich selbst zu erkennen. Es mag schwer sein, die Dinge anders zu betrachten als wir es gewohnt sind. Doch so können wir gemeinsam Verantwortung übernehmen,

uns verändern und die nachfolgenden Generationen prägen und zu einer gemeinschaftlichen Kirche werden, von der bereits Paulus, Martin Luther King und viele andere geträumt haben.

Sarah Vecera
Theologin, Aktivistin, Mama Autorin „Wie ist Jesus weiß geworden?“

Das war die Herbstsynode 2022

Klimaschutzgesetz beschlossen 

Am Freitag hat die Landessynode das Klimaschutzgesetz beschlossen. Im Gesprächskreisvotum betonte Anja Faißt, dass das Gesetz „ein Zeichen dafür ist, dass Kirche handelt und nicht in Ohnmacht oder Ignoranz verfällt.“

Gerade für junge Menschen sei das ein wichtiges Signal. Kirche für Morgen lege Wert darauf, dass Klimaschutz eine kirchliche Bewegung sei, die immer mehr Akzeptanz finde, so Anja Faißt. Dafür sei es wichtig, dass alle Menschen in unserer Landeskirche durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sensibilisiert und mitgenommen würden. Als Christinnen und Christen seien wir ermutigt, unsere Lebensrealität wahrzunehmen und zu vertrauen auf die Gotteskraft, die uns befähigt verantwortlich zu handeln.

In der Aussprache ging es unter anderem um das Erreichen der CO2-Neutralität. Hier sprach sich Kirche für morgen mehrheitlich für das im Gesetz vorgeschlagene Ziel Klimaneutralität bis 2040 aus. Nachdem ein Änderungsantrag (bis 2035) kein Erfolg hatte, wurde das Gesetz einstimmig beschlossen.


Aktuelle Stunde zu Sorgen und Ängsten

Die aktuelle Stunde, bei der immer ein Thema von den Gesprächskreisen selbst eingebracht wird, hatte dieses Mal den Titel „Armut, Inflation, Bürgergeld und Klimaschutz: Was lassen wir uns die Zukunft kosten?“. 

Hierbei wurden im Besonderen junge Menschen in den Blick genommen, die unter der unsicher wirkenden Zukunft oft besonders leiden.

So verwies Anja Faißt auf die Studie „Jugend in Deutschland“, die die Sorgen und Ängste junger Menschen in den Blick nimmt. Auch für die Kirche sei es wichtig die Sorgen und Ängsten junger Menschen ernst zu nehmen. „Wir müssen den christlichen Glauben als Ressource aufzeigen“, sagte Faißt.

Britta Gall machte Mut, dass auch in der Pandemie Positives entstanden sei. Diese Krise könnte Menschen näher zusammenbringen, auch unterschiedlicher Prägungen, nach dem Motto #miteinanderwarmwerden.

Marion Blessing nahm die von Armut Betroffenen Menschen in den Blick. Gegen die Angst vor Armut und fehlender Teilhabe brauche es „finanzielle Hoffnungszeichen unserer Kirche“. Sie befürwortete, dass 5,2 Millionen Euro im Haushalt für den Energiefonds eingestellt werden sollen. „Betroffene Menschen brauchen Unterstützung.“


Erprobung von multiprofessionellen Teams

Seit vielen Jahren setzen wir uns für eine Vielzahl von Entlastungsmodellen für Pfarrpersonen sowie für Erprobungsformen und Erprobungsräumen in den Kirchengemeinden ein. Der Antrag für Erprobungen in Distriktgemeinden soll hier entsprechende Potentiale entfalten. So soll die Zusammenarbeit von multiprofessionellen Teams in Distrikten und Einzelgemeinden erprobt werden, in denen z.B. Pfarrstellen nicht besetzt werden. Diese Pfarrstellen könnten dann auch mit Berufsgruppen wie Diakonen besetzt werden. Hierbei soll von den Erfahrungen der Erprobungsräume der bayerischen Landeskirche sowie weiterer Gliedkirchen der EKD profitiert und auf diese aufgebaut werden.


Verwaltungsreform macht Kirche fit für die Zukunft

Verwaltungsaufgaben werden immer komplexer. Zudem muss die Verwaltung modularer gestaltet werden, um für diese erhöhte Komplexität gut gewappnet zu sein. Hierbei hilft die Verwaltungsreform, die bei der Herbstsynode verabschiedet wurde. In seinem Votum betonte Ralf Walter, dass es wichtig sei, unsere Mitarbeitenden gut mitzunehmen, ihre Sorgen ernst zu nehmen und ihnen Perspektiven aufzuzeigen.

Unsere Hoffnung sei es, dass sowohl für Verwaltungsmitarbeitende als auch für Pfarrerinnen und Pfarrer eine spürbare Entlastung beim „Daily Business“ eintrete, und dadurch Freiräume für das „Heavenly Business“ entstehe.


Kosmetik statt Transformation bei der Schwerpunktsetzung

Weniger Mitglieder bedeutet weniger Kirchensteuer. In einem ausführlichen und intensiven Prozess macht sich die Landessynode deshalb zusammen mit dem Oberkirchenrat Gedanken über zukünftige Schwerpunktsetzungen. Neben dem PfarrPlan will die Landeskirche bis ins Jahr 2030 155 Stellen im Bereich der Angestellten und Beamten abbauen. Der Übernachtungsbetrieb im Haus Birkach wird bis zum Ende des Jahres 2023 eingestellt, die verschiedenen Bereiche der Erwachsenenbildung sollen neu konzipiert, Doppelstrukturen abgebaut und die Bildungsarbeit durch Synergieeffekte trotz Stellenreduzierungen gestärkt werden. Ausgebaut werden in den nächsten Jahren die Kooperationen mit der badischen Landeskirche. Im Gespräch sind zum Bsp. die Akademiearbeit, die Hochschulen für Kirchenmusik oder die Zentrale Gehaltsab-rechnungsstelle.
Kirche für morgen hält die angestoßenen Veränderungen für notwendig und unterstützt die gefassten Beschlüsse. Trotzdem mahnt Matthias Vosseler in der Aussprache an: „Wir werden mittelfristig um einen kompletten Systemwechsel in unserer Landeskirche nicht herumkommen. Wir müssen in unserem kirchlichen System eine Revolution denken und angehen, um wenigstens Transformationen zu erreichen. Bei all dem, was wir hier diskutieren: Wir sind immer noch im Bereich der Kosmetik, ein bisschen mehr Wimperntusche, ein paar graue Haare aus-reißen oder etwas Botox spritzen, zwei Kilo Fett absaugen. Langfristig wird das aus meiner Sicht nicht mehr möglich sein.“


Weniger Pfarrstellen sollen gekürzt werden

Ein weiterer Antrag von Kirche für morgen war die Erhöhung der vorliegenden Zielzahl für 2030 von geplanten 1036 Pfarrstellen (im Gemeinde- und Sonderpfarrdienst) auf 1100. Dies bedeutet rechnerisch rund zwei Pfarrstellen pro Kirchenbezirk weniger zu kürzen als ursprünglich vorgesehen.  

Die 64 zusätzlichen Stellen sollen unter anderem über alternative Zugänge zum Pfarrdienst ermöglicht werden – auch für Studierende nicht universitärer, aber dennoch staatlich anerkannter Hochschulen. Privatrechtlichen Anstellungsformen sollen ebenfalls erprobt werden und zu einer Vielfalt beitragen.  

Damit gelang es Kirche für morgen endlich, die notwendige Öffnung zu alternativen Zugängen in den Pfarrdienst zu ermöglichen.


Stabile Finanzen – doch die fetten Jahre sind vorbei

Am Samstag standen die Haushaltsberatungen auf dem Programm. Für 2022 wurde mit Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 800 Mio € gerechnet und dieses Ziel wird auch erreicht werden. In diesen stabilen Einnahmen schlägt sich die hohe Inflation nieder, was auf der Ausgabenseite allerdings auch zu steigenden Personalkosten führt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit von Einsparungen, die wir im Pfarrplan 2030 und in der Personalstrukturplanung 2030 deutlich abbilden.

Kirche für morgen steht bei diesen trüben Aussichten für Hoffnung und für mutige Spielräume und neue Formen von Kirche. Tobi Wörner sagte in seinem Votum: „In einer Übergangsphase gilt es, das früher Gewachsene großzügig zu beschneiden und gleichzeitig großzügig Neues zu säen und zu probieren. Im großen Wandel des kirchlichen Gartens braucht es Abschied, Neubeginn und vor allem Bewässerung für frische, ungewohnte Setzlinge.“


Es war einmal eine Gärtnerin

Eine Geschichte vom Aufbruch im Kirchengarten

Es war einmal eine Gärtnerin. Sie hatte einen großen schönen wohl organisierten Garten. Über 1200 leuchtend grüne Grashalme standen ganz in der Mitte darin. Dazu außenrum eine ordentliche Anzahl Sonderpflanzen, Projektblumen und Dauerblüher, die sie hegte und pflegte. Im Großen und Ganzen war die Gärtnerin sehr stolz auf ihren Garten.

Er hatte die vergangenen Jahrhunderte eigentlich ganz hübsch geblüht. Einige Früchte waren zu ernten gewesen und viele Menschen freuten sich über den Anblick und die guten Auswirkungen, die die Pflanzen hervorbrachten: Luft zum Aufatmen, Schönheit für die Welt, Nahrung für Bedürftige, immer eine gute Botschaft – und auch einige Samen, die zu freien Pflanzen außerhalb des Gartenzauns führten. Alles in allem: ein echter Segen.

Allerdings war in den letzten Jahren etwas Besorgniserregendes geschehen: Das Wasser wurde zunehmend knapper! Irgendwie wollte der dicke lila Gartenschlauch nicht mehr die benötigte Menge liefern. Es wurde für die Gärtnerin immer schwerer, alle Pflanzen ausreichend zu bewässern. Oder lag es doch daran, dass die Pflanzen inflationär insgesamt mehr Wasser brauchten?

Einige ließen schon die Köpfe hängen und verloren an Farbe. Manchmal wusste die Gärtnerin gar nicht mehr, was zuerst da war. Der Wassermangel oder die miese Stimmung unter den Pflanzen.

Ihr blieb mit der Zeit nichts anderes mehr übrig, als zu mähen und zu beschneiden. Sie stellte den Rasenmäher in der ersten Runde auf 3,5 Prozent und dann in der zweiten Runde auf 2,0 Prozent und fuhr über den Rasen einmal drüber. Über den Rest des Gartens fuhr sie mit 0,9 Prozent-Einstellung.

Aber – oh nein – ihr gut gemeintes Ansinnen kam bei den zu Bewässernden gar nicht gut an. Die Grashalme beschwerten sich, die Sonderpflanzen beschwerten sich und mehr Wasser blieb am Ende auch nicht übrig. Die Gärtnerin war betrübt – hatte sie doch die letzten Jahre immer viel, viel Wasser in ein Rücklagebecken gefüllt für die betagten Pflanzen und ihre sehr betagten Hinterbliebenen … alles brachte nichts. 

Die trübe Aussicht auf noch weniger Wasser in den kommenden Jahren tat ihr übriges. Die Gärtnerin war ernüchtert und auch ein bisschen traurig. Klar. Sie steuerte perspektivisch auf den gefühlten Kahlschlag zu. So war es total verständlich, dass sie sich echt um die Zukunft zersorgte – obwohl doch ihre ureigene Bestimmung eigentlich war, Leben zu fördern, zu bringen, neu aufblühen zu lassen.

In ihrer Verzweiflung berief die Gärtnerin einen Gartenrat ein. Sie fragte die Offene Birke und Kirche für Borken. Sie lud Basilikum und Kirche ein – und auch noch die lebendige Weide. Irgendwie kamen sie gemeinsam überein – fragt mich nicht wie – dass es wohl besser sei, sich von einzelnen Pflanzen zu verabschieden, um sich auf Weniger zu fokussieren.

Oh Wunder.

Die Gärtnerin entschied sich also dazu – natürlich in einem schmerzhaften, schweren Prozess – einige Pflanzen des Gartens aufzugeben. Es tat weh – einmal holte sie sogar die Kettensäge raus und fällte einen sehr großen alten Baum, der schon seit einiger Zeit keine Früchte mehr trug. Sie trauerte  -aber mutig verschenkte sie auch einige Gewächse. Andere wiederum versetzte sie in das gemeinsame Gartenstück mit Baden. Und wieder andere entließ sie in die Selbständigkeit. 

Nun konnte Sie sich auf weniger konzentrieren und siehe da -das Wasser reichte! Die immer weniger werdenden, aber stabilen Grashalme konnte sie gut bewässern, genau so wie einige ganz neue Pflänzchen, die wild und schön wuchsen. Diese wurden für sie zu einer unbekannten neuen Form von Garten – mitten im Garten.

Besonders da, wo vorher der große alte Baum stand, war jetzt ein neuer Sonnenfleck mit super Nährboden entstanden. Immer wieder waren auch frische Pflanzen dabei, die sich selbst mit Wasser versorgten. Sie waren oft kleiner und jünger und brauchten auch nicht viel an Zäunen oder ordnenden Maßnahmen der Gärtnerin. Sie brauchten nur Liebe&Zuneigung und etwas Platz im Garten. Diese jungen Wilden beschützte die Gärtnerin ganz besonders. 

Eines schönen Herbsttages saß die Gärtnerin dann im Liegestuhl und schaute zufrieden nach Ihrem Stückle. Der Garten wurde kleiner, mag sein, aber er wurde auch diverser. Er verband nun sehr gut die Traditionen und die Innovationen. Er ermöglichte vieles. 

Einmal kam sogar ein Brautpaar vorbei, das den Garten nur vom Hörensagen kannte. Die Gärtnerin konnte den Beideneine ganz ausgefallene Blume für den Brautstrauß schenken – ein hübscher Segen.

Kurzum: Der Garten war wieder relevanter geworden für die Menschen um ihn herum. Die Stimmung der Pflanzen hob sich und auch der Gärtnerin entwich ein zartes Lächeln.

Sie hatte gelernt: In einer Übergangsphase gilt es, das früher Gewachsene großzügig zu beschneiden und gleichzeitig großzügig Neues zu säen und zu probieren. Im großen Gartenwandel braucht es Abschied, Neubeginn und vor allem Bewässerung für frische ungewohnte Setzlinge.

Nun kam es der Gärtnerin irgendwie auch so vor, als würde jedes Jahr doch wieder mehr Wasser strömen. Woher auch immer. Leise hörte man die Gärtnerin die Melodie eines Liedes vor sich hin summen: 

„Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand.“

Liebe Geschwister, lasst uns sein wie die Gärtnerin. Nur noch einmal einen solchen Rasenmäher-Haushalt. Bitte nur noch dieses Mal so wenig Spielräume und kaum Experimentierräume. Und nächstes Mal: Mehr Mut zum Lassen, mehr Mut zum Fokussieren, mehr Mut für Neues.

Diese Geschichte würden wir von Kirche für morgen gerne mit euch allen gemeinsam erzählen.

Synodaler Tobi Wörner

Reinhold Krebs. Visionär. Pionier. Initiator. Vernetzer.

😢 Wir sind sprachlos, traurig, beschenkt. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist Reinhold Krebs nach langer, schwerer Krankheit gestorben.

Er hatte Jesus tief im Herzen und eine große Hingabe für die Menschen. Für unsere Kirche war er wegweisend. Er war Mitgründer von Kirche für morgen, unzähliger Initiativen im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg und der deutschen Fresh X-Bewegung. Für viele von uns war er ein treuer Wegbegleiter und Freund. Seine innovative und zugewandte, visionäre und zugleich hörende Art hat ihn in besonderer Weise ausgezeichnet. Was er ausgesät hat, wächst und gedeiht und die Früchte seines Wirkens werden uns noch lange begleiten und prägen. Seine authentische Weise zu glauben und seine weitsichtige Fähigkeit inspirieren uns. Denn Reinhold hat an neuen Horizonten stets Gottes Spuren entdeckt. 💛

Danke. Für alles, lieber Reinhold. Bis wir uns wiedersehen!
Deine Zitronen 🍋


Neulich noch ist ein super interessanter Podcast mit ihm entstanden. Mit allem, was ihn so bewegt. Wer den noch nicht kennt oder nochmal anhören mag: 


Livestream zur Gedenkfeier