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Gesprächskreis-Votum zur Strategischen Planung


Es freut mich sehr, dass die Gegenthese „Nichts ist alles“, mit der ich mein Votum vor einem Jahr begonnen habe nochmal eine so grundlegende Diskussion im Kollegium ausgelöst hat! Und wir sind dankbar, dass sie diese Begriffsklärung an den Anfang ihres Berichts gestellt haben.

Missverstanden wurden Sie nicht! Ganz sicher nicht! Wir von Kirche für morgen wollten mit dieser These aber auf das Dilemma hinweisen, in dem wir stecken, wenn wir uns fokussieren müssen und wenn wir über Prioritäten und Posterioritäten diskutieren. Es geht eben nicht um ein destruktives „Hände in den Schoß legen“, „man kann ja eh nichts machen“, „der Herr wird’s schon richten“. Der Herr wird’s richten, ja, da vertrauen wir drauf! Gottvertrauen, ja! Aber ein Gottvertrauen, das uns aufbrechen lässt, das Zukunftsperspektiven aufzeigt und das uns Hoffnung macht. Darum geht’s bei der strategischen Planung. 

Salz der Erde, die selbstwachsende Saat, der ohnmächtige Gott am Kreuz, alles Bilder, die uns ermutigen. Wir vertrauen darauf, dass aus etwas Kleinem Großes wachsen kann. Hoffnungsbilder! Das brauchen unsere Gemeinden und Mitarbeitenden. Da haben sie Recht. Und Sie stellen die absolut richtigen Fragen: Lassen wir dem genug Raum in unserer strategischen Planung? Lassen wir dem ganz grundsätzlich genug Raum in unserem kirchlichen Handeln? Oder stecken wir fest in unseren Strukturen, in dem, was schon immer so war und auch so bleiben muss und überfordert uns nicht vielmehr, dass zu diesem allem noch immer mehr dazu kommt.  Viele engagierte Menschen in unseren Gemeinden halten die Arbeit am Leben, buchstäblich „am Leben“. Wo lassen wir sterben? Seit vielen Jahren sprechen wir darüber, aber es gelingt uns bisher wenig. Wir haben keine Kultur des Weglassens entwickelt. Nicht die Projekte an sich verursachen Stress und Überforderung, sondern dass sie additiv zu dem dazu kommen, was wir schon immer machen. Wir sind davon überzeugt, wir brauchen Projekte! Veränderungsprozesse leben vom Ausprobieren, von der Risikobereitschaft. Es wäre aus unserer Sicht der falsche Weg hier „Weniger“ zu machen.

Das Signal, das von dieser strategischen Planung heute ausgehen muss ist deshalb: Nicht mehr alle müssen alles machen! Wir dürfen nicht nur vom Weglassen reden sondern müssen konkrete Schritte gehen – und wir gehen sie gemeinsam. Kirche für morgen unterstützt den begonnenen Konsolidierungsprozess weil wir davon überzeugt sind: Weniger machen, eröffnet Räume für Neues und Anderes. 

Auf zwei Punkte der strategischen Zielsetzungen will konkreter eingehen.  

Kirche für morgen steht nach wie vor voll hinter der Entwicklung eines Bidungsgesamtplans und wir freuen uns, dass hier die Dinge langsam konkret werden. Die Fülle an Arbeitsfeldern in diesem Bereich führt schnell dazu sich zu verzetteln. Allerdings scheint hier ein „weniger ist mehr“ besonders schwierig. An kaum einer anderen Stelle sind wir so nah an den Menschen dran, erreichen sie in ihren alltäglichen Lebenszusammenhängen, in ihren Lebenswelten. Gerade auch die, die wir sonst nirgendwo erreichen und die bisher nicht zu uns gehören. Diese Fokussierung, auf diese Menschen, wünschen wir uns als Kirche für morgen. Eine Stärkung des Religionsunterrichts, eine Priorisierung für die Arbeit in Kindertagesstätten und Familienzentren, eine starke Förderung des EJW mit ganz unterschiedlichen Bereichen: Jugendarbeit und Schule, Arbeit mit Geflüchteten oder die Arbeit mit Jungen Erwachsenen.

Vielleicht muss es in diesem Arbeitsfeld heißen weniger Bürokratie – mehr Arbeit an den Menschen, vielleicht weniger Parallelstrukturen – mehr Spezialisierung, vielleicht weniger Einzelkämpfer – mehr Kooperationen und Synergien. Diese Ansätze klingen an, in ihrem Bericht und wir freuen uns hier weitere Schritte im nächsten Jahr zu gehen. 

Als zweiten Punkt möchte ich das Ziel der Klimaneutralität herausgreifen. Für Kirche für morgen steht es außer Frage, dass wir ein Klimaschutzgesetz brauchen und wir beteiligen uns gerne an den Diskussionen in den synodalen Gremien in den nächsten Wochen und Monaten. Für uns ist das Klimaschutzgesetz ein Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Kirche. 

Wir sind aber davon überzeugt, dass wir weitere konkrete Schritte gehen und Initiativen fördern und unterstützen müssen, die weit über den „Grünen Gockel“ hinaus gehen. Das Gebäude-Thema stellt uns dabei vor große Herausforderungen! Für uns stellt sich die Frage, was uns die Symbolkraft von Kirchengebäuden wirklich wert ist, mit Blick auf die Kosten, aber ganz besonders auch mit Blick auf energetische Bedingungen und unserer damit verbundenen Klima-Verantwortung. Vermutlich brauchen wir hier ganz neue Denkansätze. Kirchengebäude könnten zu mutlifunktionellen Räumen werden, weil es vielleicht einfacher ist Gemeindehäuser zu verkaufen. Weniger Gebäude – mehr Flexibilität in der Nutzung. 

Energetische Sanierung ist das eine, Die konsequente Förderung alternativen Energien könnte ein weiterer Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität sein. Kirchendächer müssen zu sichtbaren Zeichen für einen sorgsamen Umgang mit der Schöpfung werden. Wir fordern die Politik auf, hier endlich einzusehen, dass Klimaschutz vor Denkmalschutz stehen muss und entsprechende gesetzliche Änderungen auf den Weg zu bringen. Unsere Gebäude sind keine Museen sondern Ausdruck einer aktuellen Botschaft, die sich den Herausforderungen dieser Zeit stellt und sie annimmt. Es wäre doch super, wenn wir ein 1000-Dächer-Programm auflegen könnten, um Kirchengemeinden konsequent dabei zu unterstützen Photovoltaik-Anlagen auf ihre Kirchendächer zu bauen.

Weniger ist mehr – nach dem heutigen Bericht können wir da mit gehen. Weil Sie deutlich gemacht haben, das weniger machen nicht bedeutet „man kann ja doch nichts machen“ sondern Kräfte freisetzt und Zukunft gestalten lässt 

Mehr Fokussierung – heißt nicht weniger Projekte.

Weniger Denkmalschutz – bedeutet mehr sichtbares Evangelium für die Menschen!

Weniger Struktur von oben – ermöglicht mehr Bewegung an der Basis

Mehr Strategie – heißt nicht mehr Arbeit.

Weniger machen – heißt mehr Experimentierraum!

Vielen Dank!

Matthias Böhler