Rückblick auf die Frühjahrssynode 2025

Bericht TOP 7 und Anträge

Weil die Einnahmen der Landeskirche zurückgehen und gleichzeitig die Pensionsaufwendungen steigen, muss die Landeskirche massiv sparen. Der Haushalt soll um rund 100 Millionen Euro pro Jahr reduziert werden. Dazu hat der Oberkirchenrat eine sogenannte „Priorisierungsliste“ vorgelegt, in der mögliche Einsparpotenziale benannt werden. 

Sparzwang in den notwendigen Dimensionen fordert große Opfer und eine Abwägung von Prioritäten. Es gehört zur synodalen Verantwortung, nicht nur die Dinge zu benennen, die uns erhaltenswert erscheinen oder für die wir meinen, kirchenpolitische Lobbyarbeit betreiben zu müssen – sondern auch zu sagen, wofür wir zukünftig kein Geld mehr ausgeben wollen.  

Dieser Fragestellung, die auch zur Ehrlichkeit kirchenpolitischen Handelns gehört, hat sich ausschließlich der Gesprächskreis Kirche für morgen gestellt.
„Spardiskussionen sind immer auch Kirchenbilddiskussionen“ sagte Matthias Böhler im Gesprächskreisvotum. „Die Optimierungslogik reicht für eine zukunftsfähige Kirche nicht aus. Spardiskussionen ohne Kirchenbild-Diskussionen sind uns zu passiv. Passivität bedeutet Stillstand. Wer passiv ist kann nur reagieren, wer gestalten will, muss aktiv werden und wissen, wo er hin will.“

Vier Forderungen stellten wir als Gesprächskreis mit Blick auf die Spardiskussionen der nächsten Wochen auf. Neben der Abschaffung des Beamtentums, treten wir für eine überproportionale Förderung der Jugendarbeit und des Ehrenamts ein, schlagen die Abgabe sämtlicher evangelischer Tagungsstätten vor und setzen uns für eine schlanke und effektive Verwaltung ein. 

Britta Gall brachte dazu den Antrag 10/25 (Abgabe der Ev. Tagungsstätten Württemberg) ein. Dieser Antrag trägt den Geist des Kirchenbilds von Kirche von morgen, indem „Menschen statt Steine“ klar priorisiert werden oder, konkreter gesagt, „Hotelbetten und Räume“, zugunsten von gestärkten Inhalten aufzugeben sein werden. 
„Die gestellte Aufgabe an uns lautet dennoch: Priorisieren. Fokussieren. Volle Kraft in die kirchlichen Kernaufgaben. Zu diesen Kernaufgaben einer Kirche der Zukunft gehört unserer Meinung nach, der Meinung von Kirche für morgen, die Finanzierung von Beherbergungsbetrieben nicht.“, so Britta Gall.  Denkbar sind für uns aber auch alternative Trägerstrukturen, die in gemeinsamer Verantwortung zu entwickeln und zeitnah zu ermöglichen sein sollten. 

Der Antrag 16/25 (Abschaffung der Prälaturen), der von Kai Münzing eingebracht wurde, trägt ebenfalls diesen Geist. Aufgeblähte Organisationsstrukturen müssen angepasst und Hierarchien abgebaut werden. Die Kirche der Zukunft wird eine Ehrenamtskirche sein und vor Ort leben. Wir setzen auf die Leitungskompetenzen der mittleren Ebene und möchten diese stärken und ausbauen.


– Von Matthias Böhler und Kai Münzing


Die Finanzsituation der Landeskirche auf den Punkt gebracht:

  • Die krisenhafte Wirtschaftslage sowie der andauernde Mitgliederrückgang wirken sich massiv auf die Kirchensteuereinnahmen aus. 
  • Für 2025 prognostiziert das Finanzdezernat einen Rückgang des Kirchensteueraufkommens auf 780 Mio. Euro.
  • Im Vergleich zu den Ausgaben ergibt sich in den kommenden Haushaltsjahren ein jährliches Strukturdefizit von über 40 Mio. Euro
  • Für die zukünftigen Versorgungsbezüge der Pfarrerinnen und Pfarrer sowie der Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten müssen wir eine weitere Milliarde ansparen und dafür werden wir 12 Jahre lang jährlich 80 Mio. ansparen.

Einsparungen und Herausforderungen:

  • Ziel ist es, bis 2028 wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
  • Dazu müssen in den nächsten Jahren 103,9 Millionen Euro im jährlichen Haushalt der Landeskirche eingespart werden.
  • In der Eckwerteplanung wird der Verteilbetrag für Kirchengemeinden in den kommenden Jahren jeweils um 0,6 Prozent erhöht. Damit können die Kostensteigerungen von Löhnen und Gehälter nicht ausgeglichen werden. Das bedeutet, dass auch die Kirchengemeinden und -bezirke Einsparungen vornehmen müssten.
  • „Das heißt im Klartext: Wir werden kleiner, wir haben weniger Stellen, weniger Sachmittel, weniger Immobilien, weniger Ausbildungsplätze, weniger Servicestellen in der Verwaltung usw.“ so im synodalen Bericht von Direktor Werner auf der Synode.

Strategien und Maßnahmen:

  • Die geplanten Einsparungen sind in der Priorisierungsübersicht zusammengefasst. Diese ist öffentlich und kann im elkwue-Portal eingesehen werden. Ebenso sind dort die Berichte aus dem OKR sowie die Gesprächskreisvoten nachzulesen. 
  • Bis zur Sommersynode 2025 werden diese Einsparvorschläge und die eingebrachten Änderungsanträge aus der Synode heraus in den Ausschüssen diskutiert und beraten. In der Synodaltagung im Juli erwarten wir die Beschlüsse und Entscheidungen.

– Von Götz Kanzleiter


Antrag und Gesetzesvorlage durch den OKR: Ergänzung Trauagende


Der OKR bringt den Antrag 11/25 ein. Darin geht es um die Ergänzung des Gottesdienstbuches (Teil 2: Kirchliche Trauung) um die Liturgie „Trauung von Ehepaaren gleichen Geschlechts“ samt Texten zur Auswahl und Anhang. Zugleich wurde das kirchliche Gesetz zur Änderung des Rechts der kirchlichen Trauung (Beilage 127) eingebracht. 

In der Aussprache zur Verweisung des Antrags wurde betont, dass die Gruppierungen in der Synode doch bitte im geschwisterlichen Gespräch zu diesem Thema bleiben sollen, auch wenn es hier unterschiedliche Sichtweisen gibt.  

Oliver Römisch sieht es in seiner Stellungnahme kritisch, dass Kirchengemeinden in der momentanen Fassung gezwungen werden sollen, sich gegen die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare entscheiden zu müssen. Er glaubt nicht, dass dies zu einer Befriedung des Themas führen wird. Es müsste in den Ausschüssen im Blick auf die Drei-Viertel-Mehrheit über eine Vereinfachung nachgedacht werden. „Die Kirchengemeinden sollen weiterhin darüber entscheiden, ob sie es einführen oder nicht – und das mit einfacher Mehrheit.“  

Auch Matthias Vosseler spricht sich für eine Verweisung aus, um daran in den Ausschüssen weiterarbeiten zu können. Er bedauert es, zusammen mit dem Synodalen Burkard Frauer (Vorredner), dass der bisherige Gesprächsweg und der aus der Synode eingebrachte Antrag 23/23 leider nicht aufgenommen wurden.  
Beides – Antrag und Gesetzentwurf – wurde in den Theologischen Ausschuss und den Rechtsausschuss verwiesen.  

-Von Bernd Wetzel


Eröffnungsgottesdienst der Synode

Der Eröffnungsgottesdienst in der Hospitalkirche wurde von ‚Kirche für morgen‘ gestaltet.
Aus der Formation WeJazz begleiteten Theodora Kaiser und Benjamin Steinhoff den Gottesdienst und sangen mit und für uns: Church-Songs im Jazz-Folk-Blues Stil.

Die Predigt richtete den Blick auf Petrus, den Superjünger, der in der Passionsgeschichte so versagt hatte und Jesus verleugnete. Matthias Vosseler predigte über die Schuld des Petrus, die nicht verschwiegen wird. Doch trotz seines Versagens geriet Petrus nicht in Vergessenheit, sondern wurde von Gott neu berufen.

Der Gottesdienst wurde aufgezeichnet und auf folgenden Kanälen zu sehen: 

Sowie bei Regio TV, 6.+13.+20.+27. April, 11 und 13 Uhr

– Von Matthias Vosseler


Einladung zum Forum 2025 in Denkendorf

Am 10. Mai wollen gemeinsam diskutieren und mutige Ideen für eine zukunftsfähige Kirche entwickeln – kreativ, visionär und voller Aufbruchskraft.
Mit dabei sind Referenten: Dr. Golde Hannah Marie Wissner, Cyrill Schwarz und Dr. Gisela Schneider.

Weitere Infos und Anmeldung: Forum 2025



Rückblick auf die Herbstsynode 2024

Zum PfarrPlan 2030

Spätestens mit den Einschnitten des PfarrPlans 2030 ist dieser nicht mehr isoliert zu betrachten.

Durch die großen Reduzierungen des Pfarrdienstes in den vergangenen Jahren und mit Blick auf die Kürzungen mit dem PfarrPlan2030 wirkt dieser in vielfältiger Weise auf Kirchen- und Gemeindeentwicklung sowie auf die Aufgaben und die Rollen, in der der Pfarrdienst künftig zu stehen haben wird. 

So sind Modelle hinsichtlich regio-lokaler und distriktübergreifender Lösungen, Auswirkungen von Fusionen, Dekanatspläne mit annähernder Landkreisschärfemultiprofessionelle Teamstrukturen und Transformationsstellen in ganz anderer Weise wie in den Jahren zuvor in den Blick zu nehmen.

Dem Bericht des Vorsitzenden des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung kann entnommen werden, in welchen Kontexten der PfarrPlan zu denken ist und wie sich dadurch auch Gemeinden und Rollenverständnisse verändern werden müssen. 
Ich denke, dass die Transformationsstellen deutlich besser sind oder besser sein können als deren vorauseilender Ruf! Ebenfalls ist es interessant, den Ausblick und die Chancen der „multiprofessionellen Teams“ wahrnehmen zu können. 
Kirche für morgen hat hier in einer vielfältigen Weise zitronenfrische, transformelle und milieusensible Gemeindeentwicklungsprozesse angestoßen und im Bild gesprochen „dicke Bretter“ gebohrt. 

– Von Kai Münzing


Ein Blick auf die Christen weltweit

Einmal im Jahr wird über die Situation der Christen in der Welt und über den weltweiten Leib Christi berichtet.
Auch wenn hier nicht von systematischer Christenverfolgung gesprochen werden kann, haben Christen in vielen Bereichen des Lebens Nachteile. 
 
Im Ostkongo wird im Krieg Vergewaltigung als Mittel eingesetzt, die Übergriffe nehmen seit Jahresbeginn wieder zu.
Die Verletzungen der Menschenrechte wirken sich auch auf die Religionsfreiheit aus.
Kirchliche Gruppen können versuchen, im Streit marodierender Gruppen zu schlichten.
 
Sudan: Im Sudan gibt es 5 % Christen bei über 90 % sunnitischer Muslime. Der Sudan verzeichnet zwei traurige Rekorde: die größte Flüchtlingswelle der Gegenwart und die größte humanitäre Krise der Welt aufgrund von Hungersnöten.
Auch dieser Krieg ist kein Religionskrieg, sondern eine innermuslimische Angelegenheit. Für den Schutz der wenigen Christen tritt aber niemand ein. So werden immer wieder Kirchen zerstört.
Wichtig ist für uns, dass wir neben Gebet und finanzieller Unterstützung den Austausch mit den Christen aus anderen Ländern suchen, was technisch heute leicht möglich ist.

-Von Matthias Vosseler


Trauung gleichgeschlechtlich liebender Ehepaare

Bei Tagesordnungspunkt 15 beriet die Landessynode zum Thema Trauung gleichgeschlechtlich liebender Ehepaare. Als Vorsitzender des theologischen Ausschusses setzte sich Hellger Koepff dafür ein, die aktuell geltende Präambel so zu erweitern, dass deutlich wird, welche beiden unterschiedlichen Eheverständnisse in unserer Kirche existieren und legte dafür ein Arbeitspapier vor. Danach berichtete Oberkirchenrat Dr. Jörg Schneider von der Arbeit in der von Landesbischof Gohl im Frühjahr eingesetzten synodalen Arbeitsgruppe. Er wies vor allem auf die christologische Mitte hin. An der Arbeitsgruppe haben von Kirche für morgen Matthias Vosseler und Anja Faißt mitgewirkt. 

In der Aussprache sprach sich Matthias Böhler für die bisherige Regelung aus mit der Perspektive der Weiterentwicklung. Anja Faißt zeigte die Schwächen der aktuellen Regelung anhand eines praktischen Beispiels auf und setzte sich dafür ein, dass die Synode noch in dieser Periode einem neuen Gesetzesentwurf für die Trauung für alle zustimme. Auch Matthias Vosseler zeigte auf, dass man jetzt noch ein Jahr Zeit habe, um konstruktiv an einem Gesetzesentwurf zu arbeiten, der unterschiedliche Eheverständnisse nebeneinander stehen lassen könne.

Im abschließenden Wort des Landesbischofs zeigte Ernst-Wilhelm Gohl auf, dass die kirchliche Trauung in einer Krise stecke, da sie auch von heterosexuellen Paaren nicht mehr unbedingt als Normalfall wahrgenommen werde. Er wies darauf hin, dass die Trauung gleichgeschlechtlich liebender Menschen die kirchliche Trauung als Kasualie stärken könnte und er daher gemäß des Beschluss im Rechtsausschuss eine Arbeitsgruppe im Oberkirchenrat einsetzen werde. Laut Landesbischof Gohl hat die Arbeitsgruppe das Ziel, bis zur Sommersynode 2025 einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine Trauung gleichgeschlechtlicher Ehepaare ermöglicht.

– Von Anja Faißt


Kirche in der Krise: Reformen dringend notwendig

In seiner engagierten Haushaltsrede beschreibt Götz Kanzleiter die prekäre finanzielle Lage der Württembergischen Landeskirche. Die Kirche stehe vor enormen Herausforderungen und müsse drastische Einsparungen vornehmen, während gleichzeitig neue Wege beschritten werden müssen. Kanzleiter betonte, dass es nicht ausreiche, kleine Anpassungen vorzunehmen; es sei an der Zeit, grundlegende Reformen durchzuführen.

Ein zentraler Punkt seiner Rede war die Notwendigkeit, bestehende Konzepte und Angebote zu überdenken und gegebenenfalls zu streichen, um die Wirksamkeit der Kirche zu erhalten. Er zog einen Vergleich zur Automobilindustrie, die trotz gravierender Einschnitte weiterhin Innovationen vorantreiben muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Kanzleiter hob hervor, dass die Kirche der Zukunft von Ehrenamtlichen getragen wird und dass die Förderung und Ausbildung dieser Freiwilligen von entscheidender Bedeutung ist. Zudem müsse die Kirche näher bei den Menschen sein und sich auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft konzentrieren.

Besonders wichtig sei es, in die nachfolgende Generation zu investieren, da Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene der Schlüssel für die Zukunft der Kirche sind. Die Ausbildung und Qualifizierung von Mitarbeitenden, die mit diesen Zielgruppen arbeiten, habe höchste Priorität.

Abschließend forderte Kanzleiter die Synode und die Kirchenleitung im Oberkirchenrat auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und signifikante Einsparungen und Personalkostenreduzierungen vorzunehmen. Konkret brachte er die Reduzierung von kirchenleitenden Dezernaten, die Abschaffung der Prälatinnen- und Prälaten-Posten ins Gespräch. Die Zeit sei reif für mutige Schritte hin zu einer zukünftigen Kirche, die mit ihren Ressourcen nachhaltig umgeht und gleichzeitig neue Wege wagt. Am Ende seiner Rede zitierte er Fulbert Steffensky: „Ich hielte es tatsächlich für eine Sünde, in der Krise nicht so zu planen, als ob „die Kirche nicht jung ist und ihre große Zukunft noch vor sich hat“

– Von Götz Kanzleiter


Einblick in die Andacht von Ralf Walter

„Manche wünschen sich umgeben von Kirchenglocken-Geläut zu leben. Ich möchte lieber einen Rettungsladen betreiben, einen Meter von der Hölle entfernt.“

Mit diesem Mindset hat sich der englische Missionar Charles T. Studd vor über 100 Jahren aufgemacht. Zu einer Zeit, in der man es sich in unseren Kirchen noch gemütlich machen konnte.

In meiner Andacht am Freitagabend in der Herbstsynode forderte ich uns als Synodale und als Kirche heraus, uns auch aufzumachen. Raus aus unseren Kirchen, in denen es schon lange nicht mehr gemütlich ist. Raus an die Ränder. Raus zu den Menschen. Einfach da sein und das tun, wozu Christus uns beruft:

Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen (Mt 5, 16)

– Von Ralf Walter



Rückblick auf die Sommersynode 2024

„Herberge der Mündigkeit“ – Ja, aber wirklich.

Von einer „Herberge der Mündigkeit“ sprach Landesbischof Gohl in seinem Bericht zur Kirche der Zukunft und davon, dass Kirchenmitglieder als Teil einer solchen nicht länger Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger kirchlicher Zuwendung sein sollen, sondern vielmehr mündige Mitgestalterinnen und Mitgestalter einer kleiner werdenden Kirche sein dürfen.

Britta Gall forderte in ihrem Votum zu seinem Bericht, dass diese Mündigkeit ernsthaft ermöglicht wird. Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen zum Mitgestalten bleiben. Die Mündigkeit der Ehrenamtlichen muss nicht nur ermöglicht, sondern rechtlich abgesichert werden. Dazu muss wo nötig, auch Kirchenrecht und -verfassung geändert werden.

– Von Britta Gall


Sparen ist angesagt

Finanzthemen standen im Mittelpunkt des Samstagvormittags. Der Oberkirchenrat hat eine Strategie vorgestellt, wie wir die Versorgung der Pfarrerinnen und Pfarrer sowie der Kirchenbeamten und -beamtinnen im Ruhestand sicherstellen können. Wegen einem fehlenden Deckungskapital von ca. 1 Mrd. Euro schlägt der Oberkirchenrat deshalb vor, in den kommenden Jahren jährlich 129 Mio. Euro im Haushalt einzusparen.

Für den Gesprächskreis Kirche für morgen machte Matthias Böhler in seinem Gesprächskreis-Votum klar, dass wir die Notwendigkeit dieser Einsparungen sehen. Gleichzeitig halten wir aber eine grundsätzliche Diskussion über Systeme und Strukturen für dringend notwendig. „Eine Kirche, die von der Basis gebaut wird, braucht keinen Staatsapparat. Sie kommt mit weniger Bürokratie und weniger Verwaltung aus und braucht deshalb keine Beamte. Die Kirche der Zukunft ist eine Ehrenamtskirche.“, so Matthias Böhler. Für Kirche für morgen ist es wichtig, dass auch in zukünftigen Haushalten Freiräume für Projekte und neue Aufbrüche vorhanden sind, um auf aktuelle Veränderungen in der Gesellschaft eingehen zu können – für eine Kirche nahe bei den Menschen. Bei allen Diskussionen um Einsparungen hat für Kirche für morgen die Investitionen in Menschen Vorrang vor teuren und prestigeträchtigen Häusern. Außerdem ist uns die Förderung des Ehrenamts und Investitionen in die Jugendarbeit wichtig. 

-Von Matthias Böhler


Und der viele Sand im Getriebe

Der Vorsitzende des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung und Kfm-Synodale Kai Münzing stellt Folgendes fest: „Die Verwaltungsstrukturreform ist alternativlos und gleichzeitig stelle ich dennoch die Frage, wie weit wir an vielen Stellen Meilenweit von der eigentlichen Vision einer zukunftsfähigen und zugleich dienenden Verwaltung weg sind?!“ 
„Wir brauchen keine VerhinderInnen, sondern kreative LösungsfinderInnen und ChancemanagerInnen“, so Kai Münzing weiter. 

– Von Kai Münzing


Was Kfm einbrachte

Bei der Sommersynode haben wir vier Anträge eingebracht: Einen Antrag zur „Entwicklung neuer Konzepte für eine wirtschaftliche Immobiliennutzung“ (Oliver), einen Antrag zur „Stärkung des Dienstes von Prädikantinnen und Prädikanten“ (Kai) und einen Antrag zur „Konfirmation bei Nichtteilnahme am Religionsunterricht“ (Marion). Auch haben wir nach den Rückmeldungen zur letzten Bischofswahl einen Antrag eingebracht, um die nächste Bischofswahl anders zu regeln (Matthias). Wir schlagen z. B. vor, dass man zukünftig nach dem dritten Wahlgang auf eine 2/3 Mehrheit verzichtet und es dann reicht, den Landesbischof mit der Mehrheit aller Synodalen zu wählen. 

– Von Oliver Römisch


Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen

Hier ein kurzer Auszug aus der Andacht von Götz Kanzleiter, die er am Freitagvormittag im Synodalplenum halten konnte:

Das Wort des Paulus aus Gal. 6,2 erinnert daran, dass wir nicht allein leben. Gott hat uns als Beziehungswesen geschaffen. Es ist unsere schöpfungsgemäße Bestimmung, füreinander da zu sein, dazu gehört das Mit-Tragen an der Last des anderen und der anderen. Und genauso gehört dazu das Mit-Getragen-Werden durch andere. 

Im zweiten Teil des Verses steckt ein genialer Zuspruch. Ich bin nicht allein, egal was kommt. Gottes Plan rechnet mit Gemeinschaft. Es gibt jemanden, der mich trägt, der mitträgt… auch wenn bei mir nichts mehr geht. Eine himmlische Vision vom Zusammenleben, ein Traum- Raum für gelingendes Leben.

Das Gesetz Christi ruft uns in die tragende Gemeinschaft von Mann und Frau, von Partnerinnen und Partner, von Brüdern und Schwestern, von Eltern und Kindern, von Alt und Jung, von Nachbarn und Fremden, in Dorf und Quartier. 

Und erkennen, wie zutiefst menschlich, wie tragfähig und wie wunderbar dieses Gesetz Christi ist. Er trägt als erster und letzter mit an unseren Lasten. Gott sei DANK. 

– Von Götz Kanzleiter



Rückblick auf die Frühjahrssynode 2024

Jugend zählt!

Wenn Kinder und Jugendliche die Zukunft und die Gegenwart der Kirche sind, dann müssen wir heute aktiv werden und handeln.

Eine Vielzahl von Haupt- und Ehrenamtlichen setzen sich mit viel Engagement, Herzblut und Zeit für die Interessen von Kindern und Jugendlichen ein. In den Gruppen der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit ist jede Person willkommen, wertgeschätzt und von Gott angenommen. Sie bieten damit eine Alternative zu Angeboten des Leistungsdenkens und der Selbstdarstellung.
Junge Menschen brauchen Orte, um ihrer Spiritualität und ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen. Sie brauchen Freiräume für geistliche Aufbrüche.

Wie kann die Kinder- und Jugendarbeit finanziell und personell gefördert werden?

– Von Marion Blessing


Komm, lass uns aufbrechen

Ein Vormittag mal anders unter dem Titel ‚Kommt, lasst uns aufbrechen, wie junge Menschen Glauben finden und erleben‘. Es wurde gesungen, getanzt und gelacht. 

Dr. Patrick Todjeras stellte die Frage: Wie finden junge Menschen heute zum Glauben?
Eine Zuwendung hat dann stattgefunden, wenn religiöse Fragen aus den Randlagen des Lebens in die Mitte rücken. Zentral dabei sind Beziehungen. Dies geschieht heute immer mehr durch Kontakte in sozialen Medien wie Instagram oder TikTok.
Prof. Wolfgang Ilg betonte die Bedeutung der Konfirmandenarbeit, die in der Biografie eines jungen Menschen eine herausragende Rolle spielt. Zudem finden fast alle Taufen außerhalb von Kindertaufen in der Konfirmationszeit statt. Er stellte die provokante Frage: Warum nicht einmal an einem Sonntag statt einem aufwendig gestalteten Gottesdienst ein Pizzaessen mit einer früheren Konfi-Gruppe machen?

Nach einigen vertiefenden Workshops gab es zum Abschluss noch Musik von jungen Menschen wie der Gruppe 3S und Stefan Bleher mit Band.

Komm Synode und brich in die Lebenswelt der jungen Menschen auf.

– von Matthias Böhler


Höchste Zeit!

Mit der ForuM-Studie stand die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und Missbrauch an erster Stelle der Tagesordnung der Frühjahrssynode.

Am Freitagmorgen stand die ForuM-Studie im Mittelpunkt. Im Vorfeld hatten wir am Vorabend der Synode bereits ein Gespräch mit einer betroffenen Person von sexualisierter Gewalt im Heimkontext. Dieses Gespräch war geprägt von viel Offenheit, neuen Erkenntnissen und klaren Erwartungen an die Evangelische Kirche in Württemberg.

Gleichstellungsbeauftragte Ursula Kress zeigte am Freitag dann auf, dass die Prävention, Intervention und Aufarbeitung durch die ForuM-Studie bestärkt werden. Hier sagte sie, dass vor allem die theologische Reflexion unerlässlich ist. Des Weiteren stellte Thomas Großbölting als beteiligter Historiker die wesentlichen Erkenntnisse der Studie dar. Wichtig war hier, dass klerikale Macht im System der evangelischen Kirche und einen Zwang zur Harmonie (Geschwisterlichkeit, Sündenvergebung) sexualisierte Gewalt begünstigt und vertuscht.

Der Tagesordnungspunkt wurde abgeschlossen durch eine gemeinsame Stellungnahme von Synode und Oberkirchenrat, die Synodalpräsidentin Sabine Foth verlas.

– Anja Faißt


Das Geld wird knapper: strategische Finanzplanung in der Landeskirche

Auf der Tagesordnung der Synode stand auch die Festlegung der finanziellen Eckwerte für die nächsten 5 Jahre. Die Eckwerte sind eine Planungshilfe für Kirchengemeinden, Kirchenbezirke und die Landeskirche für die Haushaltspläne und Finanzen. 

In diesem Jahr wurde es bei der ganzen Diskussion um die Eckwerte spannend, weil der Oberkirchenrat zusammen mit den Eckwerten eine Strategie zur Deckung der Pensionsbezüge der PfarrerInnen und KirchenbeamtInnen eingebracht hat. Hier wurden uns Zahlen vorgestellt, die einen Schwindeln lassen. Die Landeskirche muss die nächsten Jahre Millionen an Euro einsparen und auf der anderen Seite Millionen in ein Pensionssparschwein legen. Verständlich deshalb der Zwischenruf: „Haben wir als Kirchenleitung etwas verschlafen und über unsere Verhältnisse hinaus gelebt“? 
Wir müssen umsteuern – so die Vorgabe. Wir wollen nicht Belastungen, Schulden und ungelöste Aufgaben an die nächste Generation weitergeben. Sondern eine solide Haushaltsstrategie auf den Weg bringen. Eine sehr schöne Idee und große Herausforderung, die zu den anderen Herausforderungen, die wir als Landeskirche im Moment haben, noch hinzukommt. Klar ist, dass die Pensionsverpflichtung gegenüber unseren PfarrerInnen und Kirchenbeamten besteht und eingehalten werden muss. Aber immer deutlich wird auch, dass das sehr hohe Pensionsniveau, das wir in Württemberg haben, auf Dauer nicht gehalten werden kann. Bei der ganzen Diskussion haben wir viele Fragen und hoffen, dass die Fragen, die wir gestellt haben, dabei helfen, einen guten Weg zu einer nachhaltigen Versorgungsstrategie zu finden. 
Einige Fragen von uns waren:

  • Ist der Weg, ein Finanzvermögen (Pension, Sparbüchse) aufzubauen, der richtige?
  • Gibt es noch weiter Stellschrauben, an denen gedreht werden kann, um die Belastung zu verringern?
  • Müssen die württembergischen Pensionen an die staatlichen Pensionen und deren Anstieg angepasst sein und muss Württemberg die höchsten Pensionen bezahlen? 

Wie könnte die Zukunft aussehen? Vielleicht müssen wir den Einstieg zum Ausstieg der Beamtenanstellung wagen.

– Von Reiner Klotz


Alternative Qualifizierungsmodelle für den Religionsunterricht

Die 6. Kirchenmitgliedsschaftsuntersuchung hat uns vor Augen geführt, dass der Religionsunterricht nachhaltige und prägende Spuren hinterlässt. Wir brauchen möglichst viele personelle Ressourcen für den evangelischen Religionsunterricht und damit verbunden die Entwicklung alternativer Qualifizierungsmodelle für den Religionsunterricht. Wie gewinnen wir Menschen, die das Fach Religion gerne unterrichten?
Hier der Antrag von Kirche für Morgen mit der Zielrichtung den Reliunterricht weiter zu stärken:

– Von Marion Blessing


Anja Faißt, Götz Kanzleiter, Marion Blessing, Matthias Vosseler, Reiner Klotz, Tobi Wörner, Matthias Böhler, Andreas Arnold (Kfm Vorstand) und Britta Gall.
Nicht abgebildet sind Oliver Römisch, Ralf Walter, Bernd Wetzel und Kai Münzing.



Brave New Church – das war unser Forum 2023

Am 21. Oktober war es so weit: Das erste KFM-Forum nach der Corona-Pandemie hat in Kleinsachsenheim stattgefunden!

Zunächst konnten die Teilnehmer:innen durch den fundierten Vortrag von Peter Burkowski nachvollziehen, wie die Gestalt und Struktur unserer parochialen Kirche erst im 19. Jahrhundert entstanden sind: Durch die Landflucht und Verstädterung war die Verteilung der Kirchenmitglieder in Ungleichgewicht geraten. Um die pastorale Begleitung der Mitglieder – insbesondere in den Städten – zu garantieren, verteilten die Kirchenleitungen die Pfarrstellen nach dem parochialen Prinzip. Burkowsi hob außerdem hervor, dass der heutige Normalfall der „generalistischen Kirchengemeinde“ (in einer Gemeinde gibt es Angebote für alle mögliche Zielgruppen) in der Bismarck’schen Zeit entstand: Analog zu den damals entstandenen Vereinshäusern schossen Anfang des 20. Jahrhunderts die Gemeindehäuser vom Boden. Diese Immobilie ist heute sowohl Betätigungsraum für Gruppen als auch Sorgenkind vieler Kirchengemeinderäte. Burkowskis Analyse: Man sollte den Nutzen der Gemeindehäuser prüfen und mit Alternativen abwägen. Die Lösungen von gestern mögen für ihren gesellschaftlichen Kontext bahnbrechend gewesen sein, sie weisen uns aber nicht automatisch den Weg in die Zukunft hin. Er betonte: „Unsere (aktuelle) soziale Form ist nicht das Evangelium.“

Dem Vortrag folgte ein Workshop: Alle Teilnehmer:innen konnten miteinander diskutieren, wie Kirche neu gedacht und gestaltet werden könnte. Als Grundgerüst dienten sechs Thesen von Uta Pohl-Patalong über die Zukunft der Kirche. An Stationen konnten die Teilneher:innen ihre Ideen und Anregungen einbringen und auf Stellwänden festhalten. Es wurde unter anderem angeregt, dass kirchliche Innovationen konsequenterweise im Kirchenrecht und im kirchlichen Haushalt genauso „normal“ werden wie das Modell der parochialen Kirchengemeinde. Bezüglich der kirchlichen Berufe wurde hinterfragt, ob der obligatorische Religionsunterricht für alle Pfarrpersonen einer begabungsorientierten Personalpolitik entspräche. Und nicht zuletzt bewegte die Frage, welche Vision von Kirche notwendig ist, damit Menschen dem Evangelium von der unbedingten Liebe Gottes begegnen können.

Nicht nur wurde Zitronenkuchen gegessen: Zum Abendessen versorgte der Foodtruck alle Anwesenden mit vegetarischen Speisen. Zwischen dem Ende des Forums und der anschließenden Mitgliederversammlung konnten viele Gespräche und Begegnungen stattfinden.

– Ein Artikel von Blaise Gourget

Rückblick auf die Herbstsynode 2023

Und sie bewegt sich doch! 

Kirche für morgen hatte bereits im Wahlkampf und dann mit der Antragseinbringung eine

Gesamtstrategie der Landeskirche für das Themenfeld
„Kirche der Zukunft – neue Aufbrüche“
gefordert.

Nun, drei Jahre später, stellt der Vorsitzende des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung Kai Münzing in seinem Bericht fest, dass das ursprüngliche Antragsanliegen durch entsprechende Entwicklungen, mehr als erwartet erreicht wurde.
 
Bei Interesse lese hier weiter, was alles durch die Initiative von Kirche von morgen ermöglicht wurde:

  • Die Einrichtung der Projektpfarrstellen Innovation in Crailsheim, Stuttgart, Bad Urach-Münsingen, Nürtingen, Merklingen, Gammertingen-Trochtelfingen, Hirsau, Ludwigsburg und Weikersheim
  • Die Wiederbesetzung der Referentenstelle für Innovation und Neue Aufbrüche mit Miriam Hechler
  • Der Innovations- und Ehrenamtstag am 04.Mai 2024 in Reutlingen unter dem Motto „Gemeinde begeistert“ – „Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ dient als Austauschplattform und Mutmachforum für alle Startups und Neuaufbrüche innerhalb der Landeskirche
  • Die Innovationslandkarte, die aktuell rund 100 inspirierende Projekte in Kirchengemeinden in Distrikten und in Kirchenbezirken umfasst und auf weitere Projektanmeldungen hofft
  • Das Projekt „multiprofessionelle Teams“, das ebenfalls Erprobungsräume auf Gemeinde- und Distriktebene ermöglicht und vermutlich ab dem Jahr 2025 Gemeindeleitungs- und gestaltungsalternativen aufzeigen wird
  • Die Erkenntnisse diverser Untersuchungen hinsichtlich RegioLokaler Gemeindeentwicklungen, die nun in die Ausbildung der Vikarinnen und Vikare Einzug findet und bei Dekanendienstbesprechungen ebenfalls wichtige richtungsweisende Impulse gibt. Die Aspekte fliesen bereits heute in eine Vielzahl von Beratungsprozessen durch die „Vernetzte Beratung“ mit ein
  • Die geplante Zusammenlegung von Innovationsfond und Fond für Neue Aufbrüche und die damit einhergehende nochmalige finanzielle Aufstockung
  • Die Stärkung der Perspektive Neuer Aufbrüche und der missionalen Gemeindeentwicklung durch das zum 1. April 2023 neu installierte „Zentrum für Gemeindeentwicklung und missionale Kirche (GEM)“ im Dezernat 1 des Oberkirchenrats.
  • Die Initiative des sozialdiakonischen Projekts im Diakonischen Werk „Aufbruch im Quartier“ und die damit verbundenen neuen Gemeindeentwicklungsmöglichkeiten
  • Und zuletzt durch die Möglichkeit, die Transformationsstellen im Rahmen des PfarrPlans 2030 inhaltlich frei auszugestalten, werden nachhaltige Möglichkeiten zur parochieunabhängigen Arbeit geschaffen.

– Von Kai Münzing


Die 6. Kirchenmitgliedschafts-Untersuchung

Die KMU 6 zeigt uns sehr klar, dass Kirchenbindung, aber auch Religiosität gesellschaftlich zurückgehen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die soziale Reichweite der Kirche nach wie vor hoch ist. Hier verliert die Kirche nicht an Bedeutung. Das Vertrauen in die sozial-diakonischen Institutionen der beiden großen Kirchen, Caritas und Diakonie, ist hoch. Die KMU 5 hatte angenommen, dass der Schwerpunkt der religiösen Sozialisation in der Familie liegt. Schön ist, dass dieser Blickwinkel in der KMU 6 erweitert wird und auch kirchlichen Angeboten hohe Bedeutung für die religiöse Sozialisation zurechnet.  80% der befragten Evangelischen geben laut KMU 6 an, dass sich die Kirche grundlegend verändern muss, damit sie eine Zukunft hat.

Anja Faißt beschreibt in ihrem Votum, dass Kirche für Morgen dazu konkrete Vorstellungen hat:

  • Jetzt ist die Zeit, neue Formen von Kirche konsequent umzusetzen!
  • Jetzt ist die Zeit, Kirche konsequent vernetzt zu denken!
  • Jetzt ist die Zeit, Kirche konsequent sozialdiakonisch zu denken!

In der Aussprache betonen Marion Blessing die alternativen Zugänge zum Religionsunterricht und Britta Gall die gesellschaftliche Reichweite der Kirche als Hoffnung. Des Weiteren sagte Ralf Walter, dass wir angelehnt an Simon Sinek, mehr danach fragen warum wir etwas machen und nicht immer nur wie wir etwas machen.

– von Anja Faißt


Strategische Planung

„Der Oberkirchenrat macht, was er will!“ Der Oberkirchenrat ist intransparent in seinem Handeln!“ 

In seinem Gesprächskreisvotum konfrontiert Bernd Wetzel mit Aussagen, die er in Gesprächen in der Region immer wieder hört, machte dabei jedoch klar: „Die strategische Planung ist ein starkes Gegenbeispiel, das jedenfalls große Hoffnungen auf Veränderung weckt.“ Und dass aus seiner Sicht die Planung von einem hohen Maß an Transparenz getragen ist, die ihm nun neue gute Argumente für Gespräche vor Ort liefert.

Am Donnerstag hatte Direktor Stefan Werner die Strategische Planung des Oberkirchenrats vorgestellt. Er führt dabei die Grundlinien vom Bericht der Planung aus 2022 weiter. Im Kollegium wurde eine Strategie entwickelt, mit der man darauf reagieren will, um nötige Veränderungen zu etablieren, um so „die Kirche zukunftsfähig zu halten“. 

Bernd Wetzel sagte im GK-Votum, die Synode stünde mit dem Oberkirchenrat vor der Aufgabe, „die Gesetze und Regelungen zu entschlacken und wo nötig, sie zu ändern oder abzuschaffen.“ Denn die bestehende Gesetzeslage „bringt uns leider dazu, dass wir alles von oben nach unten kontrollieren und regeln“. Die Aufgabe für die Zukunft sei „dass wir uns von Gott, mit seinem Beziehung stiftenden Wesen, senden lassen, um Beziehung zu Menschen zu suchen und zu bauen.“ Um dies zu veranschaulichen, hatte er ein aktuelle Rechtssammlung auf den Rednerpult gestellt und festgestellt, dass diese ganz schön dick geworden ist. Auch auf die Aussage weiterhin Volkskirche sein zu wollen hatte sich Bernd Wetzel Stellung bezogen und mit einem Zitat von Winfried Kretschann  (aus Rede vor der EKD-Synode): „Wir sind in Zukunft eher eine Kirche im Volk – Salz der Erde und Licht der Welt! Ich denke, so muss man zukünftig Kirche sehen!“ 

– Von Bernd Wetzel


Aktuelle Stunde

In der aktuellen Stunde behandelt die Synode jeweils ein aktuelles gesellschaftsrelevantes Thema.
Kurz vorher hörten wir Prof. Barbara Traub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) mit einem Grußwort, in dem sie sagte: „Wir müssen und sollen als abrahamitische Religionsgemeinschaften den Dialog und Trialog suchen – mehr denn je. Zugleich aber in unseren jeweiligen Gemeinschaften von extremistischen oder einseitigen Positionen fernhalten.“

Dieses Mal war das Thema der aktuellen Stunde: „Welchen Beitrag können wir als Christinnen und Christen und als Ev. Landeskirche in Württemberg im Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland leisten?“ In vielen Wortmeldungen behandelten die Synodalen den wachsenden Antisemitismus – auch in unserer Kirche.

Für Kfm trat dazu Kai Münzing ans Pult und zitierte Diakoniepräsident Ulrich Lilie: „Aus unterschiedlichen Perspektiven ergibt sich ein europäischer Konsens: Nie wieder. Nie wieder totalitäre Herrschaft, nie wieder Ausgrenzung, Antisemitismus und Rassismus, nie wieder die Menschenwürde in Grund und Boden treten, nie wieder Mord und Totschlag. Stattdessen ist das europäische Friedensprojekt gegründet auf den Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, dem Wohlergehen aller seiner Bürger:innen verpflichtet!“.

Zum Abschluss der aktuellen Stunde beteten Präsidentin Sabine Foth und der Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl für die Lage in Israel, Gaza und auch in Württemberg.

– Von Britta Gall


Verfolgte Christen

Christen leben ihr Leben nicht allein, sie sind verbunden mit anderen Christen in der ganzen Welt. Einmal im Jahr wird in einem Bericht im Besonderen an die Christen erinnert, die durch ihr Christsein Nachteile im Leben haben. In ihrem Bericht nahm Kirchenrätin Dr. Christine Keim drei Länder bzw. Gruppen besonders in den Blick: Armenien, Irak und indigene Völker.

Dr. Christine Keim erläuterte den aktuellen Konflikt und seine Folgen für Christen in der Region Berg-Karabach vor dem Hintergrund der Situation in Armenien. Die Lage von Christen im Irak nannte sie besorgniserregend. Zum Thema „Indigene und Religionsfreiheit“ zitierte sie aus dem Bericht der Bundesregierung zu Religions- und Weltanschauungsfragen vom November und erläuterte die Bedeutung und das Ausmaß der Verletzung dieses Rechts, gerade für indigene Menschen, die einer christlichen Geschichte angehören.

– Von Matthias Böhler


Dekanatsplan 2030

Auf der Herbstsynode wurde der Dekanatsplan 2030 vorgestellt. Dieser Plan bildet eine nachvollziehbare Grundlage für anstehende Strukturanpassungen auf der mittleren Ebene, also im Prinzip für Fusionen von Kirchenbezirken. Innerhalb der letzten 20 Jahre haben sich die Pfarrstellen in der Landeskirche halbiert, klar, das das auch Auswirkungen auf andere Ebenen der Landeskirche haben muss. Wichtig für uns ist, dass die Diskussionen und Entscheidungen in den Gremien vor Ort getroffen werden und verstehen den Dekanatsplan 2030 als Vorschlag und Diskussionsgrundlage für zukunftsfähige Strukturen.

– Von Matthias Böhler



Zukunftsforum Brave New Church am 21.10.

Viele haben es vermisst. Für andere ist es neu. Und wir haben Lust darauf. Wir haben ein kleines, aber feines Forum vorbereitet. Herzliche Einladung zum Kfm-Forum, das am Samstag, 21.10.2023, um 15.00 Uhr in Kleinsachsenheim (bei Bietigheim-Bissingen) stattfindet.

Pfarrer i. R. Peter Burkowski, ehemaliger Leiter der Führungsakademie für Kirche und Diakonie (fakd) in Berlin, teilt kluge und hilfreiche Impulse zur Transformation der Kirche mit uns. Gemeinsam überlegen wir, wie Kirche neu gedacht und gestaltet werden kann. Außerdem gibt es Zitronenkuchen, Leckeres vom Foodtruck und viel Zeit für Gespräche und Begegnungen.

Das war die Sommersynode 2023

Synode weist OKR-Antrag zur Reduzierung der Synodalsitze zurück

Am Freitag hat Oberkirchenrat Dr. Frisch einen Antrag zur Reform der Wahlkreise und zur Verkleinerung der Synode eingebracht. Zur Begründung heißt es „Die Zahl der Kirchenmitglieder geht seit Jahrzehnten zurück. Die Strukturen unserer Landeskirche auf allen Ebenen müssen an die gesunkenen Gemeindegliederzahlen angepasst werden.“ So sollen laut dem Antrag die Wahlkreise zur Kirchenwahl 2025 von bisher 24 auf dann 15 reduziert werden. Ebenso soll die Zahl der Mitglieder der Landessynode zur Kirchenwahl 2031 von jetzt 90 auf dann 60 sinken. Diese verteilen sich auf 20 Ordinierte und 40 Nichtordinierte. Auch im geschäftsführenden Ausschuss und Landeskirchenausschuss sollen die Mitglieder der Landessynode entsprechend reduziert werden.

Dieser Vorstoß des OKR wurde vorab nicht gut kommuniziert und hat entsprechend gesprächskreis-übergreifend Empörung und Widerstand ausgelöst. Bernd Wetzel widersprach in der Aussprache dieser geplanten Reduzierung der Synodalsitze:

Wenn es darum geht, einzusparen, ist es natürlich richtig, an allen Stellen einsparen zu wollen und zu müssen. Das ist scheinbar ein folgerichtiger Gedanke, aber es geht hier um das Selbstverständnis der Synode. Ich verstehe mich und wir verstehen uns als gewählte Ehrenamtliche, welche im bevorstehenden Reformprozess nicht 1:1 zurückgefahren werden sollten. Das Gegenteil wäre aus meiner Sicht nötig: Es braucht gerade das Ehrenamt, es braucht gerade unsere Stimme, um diesen ganzen Prozess zu moderieren. Deswegen braucht es nicht weniger von uns, sondern es braucht uns in Zukunft in unveränderter Zahl.“

Die Landessynode hat den Antrag des OKR sofort zur Abstimmung gebracht und mit großer Mehrheit abgelehnt. Aus ihrer Mitte hat sie einen neuen, ähnlichen Antrag eingebracht, der auf den Passus „Reduzierung der Synodalmitglieder“ verzichtet. Dieser wurde an die Fachausschüsse zur Beratung verwiesen.

–Von Bernd Wetzel


Reform der Mitarbeitendenvertretung: Entfall der ACK-Klausel

In der Landeskirche und der Diakonie gibt es keine Vertretung der Mitarbeitenden durch eine Gewerkschaft, sondern hier wird die arbeitsrechtliche Vertretung der Mitarbeitenden durch die Mitarbeitervertretung (MAV) gemacht. Das Ganze ist im Mitarbeitervertretungsgesetz (MVG) geregelt.

Die MAV wird von den Mitarbeitenden gewählt. Um in die MAV gewählt zu werden, war bisher geregelt, dass man in einer ACK-Kirche (Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen) Mitglied sein muss. Viele Mitarbeitende in der Diakonie sind mittlerweile nicht mehr Mitglied einer ACK-Kirche. Das hat zur Folge, dass diese Mitarbeitenden nicht in die MAV wählbar sind. Sie empfinden sich als Mitarbeitende zweiter Klasse. Das ist unserer Meinung nach nicht hinnehmbar.

Die Regelungen über die Wählbarkeit zur MAV stellen seit Langem das wohl meist diskutierte Problem im MVG dar. Die Landessynode hatte sich mit diesem Thema bereits in den Jahren 2013 und 2019 befasst.

In der Sommersynode 2023 wurde ein Gesetz eingebracht, die sogenannte „ACK-Klausel“ für die Wählbarkeit zu streichen. Nach einer heftigen Debatte über Pro und Contra hat die Synode mit überwiegender Mehrheit die Streichung beschlossen. Ergänzend wurde aufgenommen, dass die Kandidierenden zur MAV nochmals auf ihre Loyalitätsverpflichtung gegenüber Diakonie und Kirche hingewiesen werden, die sie mit ihrer Arbeitsvertragsunterzeichnung bereits eingegangen sind.
Wir sind froh, dass wir hier als Kirche für morgen diesen wichtigen Schritt für unser Mitarbeitenden in Diakonie und Kirche gehen konnten!

– von Reiner Klotz


Antrag zur Arbeitszeitregelung für Pfarrpersonen

In den letzten Jahren haben die Mehrbelastungen im Pfarrberuf zugenommen (Pfarrpläne, Verwaltungsaufgaben, Verwaltungs- und Steuerform). Die Arbeitsbedingungen haben sich erheblich verschlechtert. Die hohen Belastungen führen zu Überlastungen und zu krankheitsbedingten Ausfällen.

Im Sinne des Arbeitsschutzes und der Fürsorgepflicht braucht es eine geregelte Arbeitszeit. Dies trägt zur Attraktivität des Pfarrberufs und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Dazu hat Marion Blessing als Erstunterzeichnerin einen Antrag eingebracht.


Abschlussbericht Projekt „Partnerschaft, Ehen und Familien stärken“

Prof. Possinger (EH Ludwigsburg) stellt die projektbegleitende Studie vor

Am Freitagabend stand der ausführliche Abschlussbericht des Projekts „Familie stärken“ im Mittelpunkt der Beratungen. Dieses Projekt bildete von 2018 bis 2023 einen großen inhaltlichen und strategischen Schwerpunkt der Landeskirche. Es ist in dieser Zeit gelungen, das Thema Familie und Familienarbeit in der Fläche der Landeskirche in den Fokus zu nehmen und ein Netzwerk von unterschiedlichen Akteuren auf diesem Gebiet zu etablieren.

Oberkirchenrätin Carmen Rivuzumwami stellte den kirchlichen Auftrag und die Überzeugung an den Anfang ihres Berichts, dass es bei Kirche immer um Beziehungen geht. „Kirche sein heißt, in Beziehungen zu leben.“ Im Laufe der Projektzeit hat sich dabei die gemeindebezogene Familienarbeit als wichtiger Schwerpunkt herauskristallisiert.  Z. Bsp. trifft „Kirche Kunterbunt“ als innovatives Gottesdienstformat für Kinder, Eltern und Großeltern den Nerv der Zeit. Wir sind froh, dass diese Arbeit unter dem Dach des Evangelischen Jugendwerk in Württemberg weitergeführt werden kann. 

Von persönlichen Erfahrungen der Ausgrenzung als Familie mit Kindern im Gottesdienst berichtete Anja Faisst in der Aussprache. Sie forderte: 

„Ich wünsche mir, dass Familien gerne in unsere Gottesdienste kommen und ihren Platz dort haben. Ich wünsche mir, dass wir innovative Angebote weiterführen und neu entwickeln, wie z. B. kirchliche Gebäude zeitweise in Indoorspielplätze verwandeln.“

Auf die Vorstellung der projektbegleitenden Studie „Familie gefragt“, die von Frau Prof. Possinger von der EH Ludwigsburg vorgestellt wurde, reagierte Matthias Böhler mit der Frage nach dem Profil evangelischer Familienarbeit. Die Studie deckt eine Diskrepanz auf. Auf der einen Seite ist bei Familien gerade in der Familiengründungsphase das Interesse an Kirche, an Glaube, an Spiritualität riesengroß. Die gleichen Familien sagen aber auf der anderen Seite „Glaube ohne Kirche ist möglich“. Das stimmt nachdenklich. Was unterscheidet uns als Kirche von anderen Playern in der familienbezogenen Arbeit? „Schaffen wir nicht nur Kontakt- und Begegnungsfläche, sondern öffnen wir Räume für Spiritualität und Glaubenserfahrungen für Familien“, so Matthias Böhlers Forderung.

– Von Matthias Böhler


Aktuelle Stunde

Am Donnerstag, 6. Juli 2023, sind im Bundestag die Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe gescheitert. Diese Abstimmung wurde zum Anlass genommen, das Thema der aktuellen Stunde folgendermaßen zu wählen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Was können wir als Kirche in die Gesellschaft einbringen, um in diesem Sinne Menschen vom Beginn des Lebens bis zu ihrem Ende zu begleiten und zu schützen.“ Über diese schwierige und komplexe Thematik tauschten sich die Synodalen in der Aktuellen Stunde am Samstag aus.
 
Dass wir als Kirche bereits jetzt eine „Kultur des Lebens“ vertreten und dabei über eine vielfältige Palette an Suizidprävention, z.B. durch Unterstützungs- und Beratungsangeboten für Menschen mit Suizidgedanken verfügen, daran erinnerte Anja Faißt in ihrem Beitrag. Sie plädierte dafür, diese Palette auszubauen und kommunizieren und damit in die Gesellschaft zu wirken.
 
Marion Blessing sprach sich dafür aus, Menschen in existenziellen Krisen zu begleiten, die häufig dem Wunsch nach einem assistierten Suizid, dem Wunsch zu sterben voraus geht. Menschen begleiten, sie ernst nehmen, ihnen zuhören, Anteil an ihren Sorgen nehmen und Krisen miteinander aushalten, ohne schnelle Lösungen zu präsentieren, dies ist die Stärke unser Diakonie und Kirche.
 
Mitgefühl und Respekt angesichts der „Nichtlösung“ wünschte sich Götz Kanzleiter für die Abgeordneten im Bundestag. Dass ethisch-moralische Themen zu spaltenden Debatten führen können, wissen wir in der Synode auch.

– Von Britta Gall



Podcast zur Sommersynode:

Rückblick auf die Frühjahrssynode 2023

Mutige Schritte für die Kirche der Zukunft

Dass wir davon überzeugt sind, dass wir verstärkt die Transformation unserer Kirche vorantreiben müssen, wenn es „morgen“ noch eine Kirche geben soll, sagte Britta in ihrem Votum zum Bericht des Landesbischofs.
Von der Zukunft her denken und so handeln, dass der Boden für Pionierbäume im kirchlichen „Wald“ bereitet ist, um dadurch Aufbrüche für den neuen Kirchenwald wachsen zu sehen. Das heißt: neue Formen von Gemeinde, zielgruppenorientierte Gottesdienste, neue Anstellungsformen für Pfarrerinnen und Pfarrer, neue Zugänge ins Pfarramt! Denn auch wenn wir heute noch nicht sehen, wie die Kirche der Zukunft konkret aussieht, brauchen wir mutige Schritte in den Übergang hinein!


Pfarrplan 2030 – Pfarrstellen werden reduziert

Beim Pfarrplan 2030 geht es darum, wieviele Pfarrstellen es in unserer Kirche im Jahr 2030 noch geben soll bzw. geben kann. Die Mehrheit der Synode, auch die Mehrheit der KfM Synodalen haben sich für die vorgelegten Zahlen ausgesprochen. Sie sind um 42 Personen höher als im ersten Entwurf vorgeschlagen. Trotzdem sind die Einschnitte mit einem Minus von über 25% natürlich heftig. In den kommenden fünf Jahren geht die Generation der ‚Babyboomer‘ in den Ruhestand, die Zahl der Pfarrer*innen wird sich dadurch dramatisch reduzieren, da viel weniger Junge nachkommen. Wir haben JA zu den Zahlen gesagt, die sehr realistisch sind.
Wir von ‚Kirche für morgen‘ fordern auch ganz neue Wege auf dem Weg der Umsetzung dieses Pfarrplans in den nächsten Jahren. Es braucht dafür nicht einfach ein Weiterwursteln wie bisher, sondern einen echten Paradigmenwechsel: bei alternativen Zugängen zum Pfarramt, bei Zugängen aus anderen Ländern und Berufsgruppe. Es braucht eine neue Gottesdienstordnung und Nachnutzungskonzepte für nicht mehr benötigte Gebäude. Gleichzeitig braucht es Mut und Bereitschaft, einfach Dinge ausprobieren zu dürfen. Für alle hauptamtlichen Berufe in der Landeskirche muß es möglich sein, auch bei weniger Stellen, Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bekommen.


Antrag zur Umgemeindung

Bei einer Umgemeindung, also einem Wechsel in eine andere Gemeinde, nimmt bisher jedes Gemeindeglied seine Rechte und Pflichten in der gewählten Kirchengemeinde wahr, aber die Kirchensteuerpflicht besteht weiterhin gegenüber der Kirchengemeinde des Wohnsitzes. Durch den eingebrachten Antrag soll die Kirchensteuerpflicht bei einer Umgemeindung gegenüber der gewählten Kirchengemeinde bestehen.
 Kirchenmitglieder, die sich für eine Umgemeindung entscheiden, sind in der Regel durch ihre Biografie, ihr Engagement oder das Profil der gewählten Gemeinde mit ihr hoch verbunden. Die Aufgaben und Pflichten (Seelsorge, Kasualien, Verwaltung…) liegen bei der gewählten Kirchengemeinde. Sie versendet Gemeindebriefe, lädt zum Fest der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein usw., erhält dafür aber keine finanzielle Unterstützung. Gerade in Zeiten knapper werdender Kirchensteuer ist es deshalb nicht mehr plausibel vermittelbar, warum eine Umgemeindung keine finanziellen Auswirkungen hat. Aus den oben genannten Gründen haben wir einen Antrag mit folgendem Wortlaut in der Frühjahrssynode 2023 eingebracht:

Die Landessynode möge beschließen, Satz 2 des §6a (4) der Kirchengemeindeordnung (KGO) wie folgt zu ändern: „Die Kirchensteuerpflicht besteht ab dem Zeitpunkt der Ummeldung gegenüber der gewählten Kirchengemeinde.“


Statement zu „Kirche in guter Verfassung?“

„Kirche in guter Verfassung?“ So das Thema des Schwerpunkthalbtages Kirchenverfassung am Sa. 25.03.2023
100 Jahre ist unsere Kirchenverfassung in Württemberg geworden. Ein runder Geburtstag, der gefeiert werden muss! Ist es nun an der Zeit einen Prozess starten, der die Überarbeitung der gesamten Kirchenverfassung zum Ziel hat?
Grundsätzlich stellt sich die Frage: Sollen nur einzelne Zusammenhänge oder Paragrafen durch die gestellten Anträge geändert werden? Oder bräuchte es hier nicht vielmehr einen viel größeren Entwurf. Eine Verfassungsneuschöpfung. Anderseits gilt zu bedenken: Die Württembergische Kirchenverfassung hat den Charm, dass sie vergleichsweise kurzgehalten ist und vieles offen lässt, einen Gesamtrahmen bietet, was dann an anderer Stelle durch weitere Gesetze näher geregelt wird. Dies bietet Flexibilität ohne zu enge zu fassen. 
Dank an Frau Dr. Oelmann für ihre „steilen Ideen“ die sie uns mit auf den Weg gegeben hat. Sie hat davon gesprochen, dass wir die Verfassung ergänzen sollten mit dem, was bisher fehlt: Gemeinden und Kirchenbezirke! Auch sollte das Verhältnis der einzelnen Verfassungsorgane zueinander neu betrachtet werden unter dem Leitgedanken, was das große Ganze ausmacht. Und dann dieser Satz, der die Aufgabe, trefflich skizziert. Sie ermutigte dazu:“Denken Sie in die Zukunft und schaffen Sie in der Verfassung Raum für die neuen Gemeindeformen des 21. Jahrhunderts, die eher in Milieus und individueller Frömmigkeitspraxis, denn in Straßen und Stadtteilen begründet liegen werden.“
Was könnte dieser Leitgedanke, was „das große Ganze unserer Württemberger Landeskirche ausmacht“ sein? Was ist unser Bild von Kirche heute, für das die Verfassung den passenden Rahmen darstellt? Wir sind Kirche, weil uns Gott gesandt hat.  Diese missio  dei, diese Sendung Gottes steht ganz am Anfang von Kirche, und bildet die Grundlage für den Leitgedanken.
In die Zukunft gedacht: Wie schaffen wir es dass sich Menschen, jüngere, ältere, aus verschiedenen Lebenswelten und mit verschiedenen Lebensentwürfen eine Beziehung zu dem Gott finden, der eine Sehnsucht nach uns Menschen hat und mit uns Menschen in Beziehung leben möchte. Mit dieser Sendung Gottes hat Kirche begonnen, durch sie bekommt sie ihren Charm ihre Strahlkraft. Daraus lässt sich der Leitgedanke einer beziehungsorientierten Kirche ableiten, die nahe bei den Menschen ihren, Fragen, Sehnsüchten und Nöten ist.


Nachbesprechung zur Frühjahrssynode mit Ralf Walter und Reiner Klotz

Rassismus macht nicht vor der Kirchentüre halt

Wenn wir von Rassismus reden, reden wir oft von den anderen. Warum nicht einmal über uns selbst?

Wenn ich mir Talkshows zu den Themen Rassismus oder Identitätspolitik ansehe, erlebe ich häufig ein Schwarz-Weiß- Denken, das die Debatten aufkochen und die Menschen streiten lässt. Dabei sehe ich gerade in diesen Themen eine große Chance für uns Christ*innen, bessere Dialoge führen zu können. Gleichzeitig ist es als Kirche gefährlich, das Thema Rassismus von außen zu betrachten und uns als „die Guten“ zu betrachten. Als die, die nichts mit strukturellem Rassismus zu tun haben.

Wenn ich von Rassismus spreche, meine ich nicht den vielzitierten Rechtsextremismus und auch nicht jenen Rassismus, der Deutschland bis 1945 beherrschte. Ich meine eine rassistische Prägung, die sich seit der Aufklärung unbemerkt in uns verankert hat. Zur Zeit der Aufklärung brauchten die Menschen einen Legitimationstrick, mit dem es ok war, zum einen die Werte der Aufklärung – Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit – hochzuhalten und zum anderen die Menschen kolonial auszubeuten.

Also haben Gelehrte aus Philosophie, Kirche und Wissenschaft dazu beigetragen, ein Rassenkonstrukt in die Welt zu tragen und aufrechtzuerhalten, in dem eins feststand: Ganz oben steht die „weiße Rasse“. Eine Rasse, die die Werte der Aufklärung in sich vereint. Alle anderen sind Menschen zweiter Klasse und wurden entmenschlicht.

Heute wissen wir natürlich, dass es keine biologischen Menschenrassen gibt. Und doch gibt es immer wieder Äußerungen, die auf eben diese Klassifizierung zurückführen. Zum Beispiel wenn in der Kirche davon gesprochen wird, dass unsere afrikanischen Geschwister „Rhythmus im Blut“ haben oder die Deutschen „per se pünktlich“ sind und eine „innere Uhr sie antreibt“. Oder wenn in Medien darüber spekuliert wird, warum Läufer*innen aus Kenia bei den olympischen Spielen so schnell sind und sauber finanzierte Studien dann herausfinden wollen, dass die kenianische Wade im Schnitt 15 Gramm leichter ist. Vergleichbare Studien sucht man bei weißen Schwimmweltmeister*innen vergebens, weil bei ihnen die Gründe „Fleiß und hartes Training“ ausreichen.

Diese Bilder werden auch in unserer Kirche verfestigt, weil dort People of Color durchaus im kirchlichen Kontext zu sehen sind, aber fast ausschließlich als hilfsbedürftige Protagonist*innen auftreten, beispielsweise in der Diakonie, auf Spendenplakaten, bei der Arbeit mit Geflüchteten, der Hausaufgabenhilfe, auf der Fairtrade- Schokolade …

Wir sehen sie aber kaum bis gar nicht auf der Kanzel, im Kirchengemeinderat, der Kirchenleitung, im Mitarbeiter*innenkreis oder in unterschiedlichsten Planungstreffen.

Wenn ich heute durch die Innenstadt laufe, sehe ich deutlich, dass unsere Gesellschaft zu etwa einem Viertel aus Menschen mit Migrationshintergrund besteht. Der Anteil bei den Kindern unter fünf Jahren liegt sogar bei 41 Prozent. Wenn ich Sonntag morgens in den Gottesdienst gehe, sehe ich von dieser Vielfalt nichts. Die Diskrepanz ist aber kein Zufall, denn sie hat mit den verfestigten Bildern und Vorurteilen zu tun und mit der mangelnden Aufarbeitung der eigenen kolonialen Verstrickungen in der Entstehung des Rassenkonstrukts. Ich selbst konnte mir zum Beispiel nie vorstellen, Pfarrerin zu werden, weil es für mich in der Kirche schlichtweg keine Vorbilder gab. „You can only be what you can see“ – es gibt an den entscheidenden Stellen unserer Kirche bis heute viel zu wenig People of Color.

Und wenn wir schon über Rassismus reden, reden wir nur zu oft von den anderen und betrachten uns als Kirche viel zu selten mit der notwendigen Selbstkritik. Dabei hängt unsere Zukunftsfähigkeit doch auch davon ab. Gerade in Hinblick auf schwindende Mitgliedszahlen in einer pluralen Gesellschaft muss sich Kirche selbstkritisch in den Blick nehmen und so den vielfältigen Identitäten Beachtung und Achtung entgegenbringen.

In der Bibel sehen wir, wie Gott selbst sich von Anfang bis Ende an der Seite der Unterdrückten sieht: Gott rettet durch den Exodus, Jesus lebt und predigt, wo er sich und Gott in der Welt sieht. Und Paulus warnt vor Spaltung und ruft zur Liebe untereinander auf, in einer Kirche, die schon damals nicht mono-kulturell gedacht war. Außerdem sehen wir uns als Christ*innen als Leib Christi.

Dieses Bild des Leibes kann uns helfen, uns von latentem Schwarz-Weiß-Denken zu lösen und versteckte Rassismen gemeinsam zu überwinden.

Es mag wehtun, Rassismus bei sich selbst zu erkennen. Es mag schwer sein, die Dinge anders zu betrachten als wir es gewohnt sind. Doch so können wir gemeinsam Verantwortung übernehmen,

uns verändern und die nachfolgenden Generationen prägen und zu einer gemeinschaftlichen Kirche werden, von der bereits Paulus, Martin Luther King und viele andere geträumt haben.

Sarah Vecera
Theologin, Aktivistin, Mama Autorin „Wie ist Jesus weiß geworden?“