Das war die Herbstsynode 2022

Klimaschutzgesetz beschlossen 

Am Freitag hat die Landessynode das Klimaschutzgesetz beschlossen. Im Gesprächskreisvotum betonte Anja Faißt, dass das Gesetz „ein Zeichen dafür ist, dass Kirche handelt und nicht in Ohnmacht oder Ignoranz verfällt.“

Gerade für junge Menschen sei das ein wichtiges Signal. Kirche für Morgen lege Wert darauf, dass Klimaschutz eine kirchliche Bewegung sei, die immer mehr Akzeptanz finde, so Anja Faißt. Dafür sei es wichtig, dass alle Menschen in unserer Landeskirche durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sensibilisiert und mitgenommen würden. Als Christinnen und Christen seien wir ermutigt, unsere Lebensrealität wahrzunehmen und zu vertrauen auf die Gotteskraft, die uns befähigt verantwortlich zu handeln.

In der Aussprache ging es unter anderem um das Erreichen der CO2-Neutralität. Hier sprach sich Kirche für morgen mehrheitlich für das im Gesetz vorgeschlagene Ziel Klimaneutralität bis 2040 aus. Nachdem ein Änderungsantrag (bis 2035) kein Erfolg hatte, wurde das Gesetz einstimmig beschlossen.


Aktuelle Stunde zu Sorgen und Ängsten

Die aktuelle Stunde, bei der immer ein Thema von den Gesprächskreisen selbst eingebracht wird, hatte dieses Mal den Titel „Armut, Inflation, Bürgergeld und Klimaschutz: Was lassen wir uns die Zukunft kosten?“. 

Hierbei wurden im Besonderen junge Menschen in den Blick genommen, die unter der unsicher wirkenden Zukunft oft besonders leiden.

So verwies Anja Faißt auf die Studie „Jugend in Deutschland“, die die Sorgen und Ängste junger Menschen in den Blick nimmt. Auch für die Kirche sei es wichtig die Sorgen und Ängsten junger Menschen ernst zu nehmen. „Wir müssen den christlichen Glauben als Ressource aufzeigen“, sagte Faißt.

Britta Gall machte Mut, dass auch in der Pandemie Positives entstanden sei. Diese Krise könnte Menschen näher zusammenbringen, auch unterschiedlicher Prägungen, nach dem Motto #miteinanderwarmwerden.

Marion Blessing nahm die von Armut Betroffenen Menschen in den Blick. Gegen die Angst vor Armut und fehlender Teilhabe brauche es „finanzielle Hoffnungszeichen unserer Kirche“. Sie befürwortete, dass 5,2 Millionen Euro im Haushalt für den Energiefonds eingestellt werden sollen. „Betroffene Menschen brauchen Unterstützung.“


Erprobung von multiprofessionellen Teams

Seit vielen Jahren setzen wir uns für eine Vielzahl von Entlastungsmodellen für Pfarrpersonen sowie für Erprobungsformen und Erprobungsräumen in den Kirchengemeinden ein. Der Antrag für Erprobungen in Distriktgemeinden soll hier entsprechende Potentiale entfalten. So soll die Zusammenarbeit von multiprofessionellen Teams in Distrikten und Einzelgemeinden erprobt werden, in denen z.B. Pfarrstellen nicht besetzt werden. Diese Pfarrstellen könnten dann auch mit Berufsgruppen wie Diakonen besetzt werden. Hierbei soll von den Erfahrungen der Erprobungsräume der bayerischen Landeskirche sowie weiterer Gliedkirchen der EKD profitiert und auf diese aufgebaut werden.


Verwaltungsreform macht Kirche fit für die Zukunft

Verwaltungsaufgaben werden immer komplexer. Zudem muss die Verwaltung modularer gestaltet werden, um für diese erhöhte Komplexität gut gewappnet zu sein. Hierbei hilft die Verwaltungsreform, die bei der Herbstsynode verabschiedet wurde. In seinem Votum betonte Ralf Walter, dass es wichtig sei, unsere Mitarbeitenden gut mitzunehmen, ihre Sorgen ernst zu nehmen und ihnen Perspektiven aufzuzeigen.

Unsere Hoffnung sei es, dass sowohl für Verwaltungsmitarbeitende als auch für Pfarrerinnen und Pfarrer eine spürbare Entlastung beim „Daily Business“ eintrete, und dadurch Freiräume für das „Heavenly Business“ entstehe.


Kosmetik statt Transformation bei der Schwerpunktsetzung

Weniger Mitglieder bedeutet weniger Kirchensteuer. In einem ausführlichen und intensiven Prozess macht sich die Landessynode deshalb zusammen mit dem Oberkirchenrat Gedanken über zukünftige Schwerpunktsetzungen. Neben dem PfarrPlan will die Landeskirche bis ins Jahr 2030 155 Stellen im Bereich der Angestellten und Beamten abbauen. Der Übernachtungsbetrieb im Haus Birkach wird bis zum Ende des Jahres 2023 eingestellt, die verschiedenen Bereiche der Erwachsenenbildung sollen neu konzipiert, Doppelstrukturen abgebaut und die Bildungsarbeit durch Synergieeffekte trotz Stellenreduzierungen gestärkt werden. Ausgebaut werden in den nächsten Jahren die Kooperationen mit der badischen Landeskirche. Im Gespräch sind zum Bsp. die Akademiearbeit, die Hochschulen für Kirchenmusik oder die Zentrale Gehaltsab-rechnungsstelle.
Kirche für morgen hält die angestoßenen Veränderungen für notwendig und unterstützt die gefassten Beschlüsse. Trotzdem mahnt Matthias Vosseler in der Aussprache an: „Wir werden mittelfristig um einen kompletten Systemwechsel in unserer Landeskirche nicht herumkommen. Wir müssen in unserem kirchlichen System eine Revolution denken und angehen, um wenigstens Transformationen zu erreichen. Bei all dem, was wir hier diskutieren: Wir sind immer noch im Bereich der Kosmetik, ein bisschen mehr Wimperntusche, ein paar graue Haare aus-reißen oder etwas Botox spritzen, zwei Kilo Fett absaugen. Langfristig wird das aus meiner Sicht nicht mehr möglich sein.“


Weniger Pfarrstellen sollen gekürzt werden

Ein weiterer Antrag von Kirche für morgen war die Erhöhung der vorliegenden Zielzahl für 2030 von geplanten 1036 Pfarrstellen (im Gemeinde- und Sonderpfarrdienst) auf 1100. Dies bedeutet rechnerisch rund zwei Pfarrstellen pro Kirchenbezirk weniger zu kürzen als ursprünglich vorgesehen.  

Die 64 zusätzlichen Stellen sollen unter anderem über alternative Zugänge zum Pfarrdienst ermöglicht werden – auch für Studierende nicht universitärer, aber dennoch staatlich anerkannter Hochschulen. Privatrechtlichen Anstellungsformen sollen ebenfalls erprobt werden und zu einer Vielfalt beitragen.  

Damit gelang es Kirche für morgen endlich, die notwendige Öffnung zu alternativen Zugängen in den Pfarrdienst zu ermöglichen.


Stabile Finanzen – doch die fetten Jahre sind vorbei

Am Samstag standen die Haushaltsberatungen auf dem Programm. Für 2022 wurde mit Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 800 Mio € gerechnet und dieses Ziel wird auch erreicht werden. In diesen stabilen Einnahmen schlägt sich die hohe Inflation nieder, was auf der Ausgabenseite allerdings auch zu steigenden Personalkosten führt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit von Einsparungen, die wir im Pfarrplan 2030 und in der Personalstrukturplanung 2030 deutlich abbilden.

Kirche für morgen steht bei diesen trüben Aussichten für Hoffnung und für mutige Spielräume und neue Formen von Kirche. Tobi Wörner sagte in seinem Votum: „In einer Übergangsphase gilt es, das früher Gewachsene großzügig zu beschneiden und gleichzeitig großzügig Neues zu säen und zu probieren. Im großen Wandel des kirchlichen Gartens braucht es Abschied, Neubeginn und vor allem Bewässerung für frische, ungewohnte Setzlinge.“


Es war einmal eine Gärtnerin

Eine Geschichte vom Aufbruch im Kirchengarten

Es war einmal eine Gärtnerin. Sie hatte einen großen schönen wohl organisierten Garten. Über 1200 leuchtend grüne Grashalme standen ganz in der Mitte darin. Dazu außenrum eine ordentliche Anzahl Sonderpflanzen, Projektblumen und Dauerblüher, die sie hegte und pflegte. Im Großen und Ganzen war die Gärtnerin sehr stolz auf ihren Garten.

Er hatte die vergangenen Jahrhunderte eigentlich ganz hübsch geblüht. Einige Früchte waren zu ernten gewesen und viele Menschen freuten sich über den Anblick und die guten Auswirkungen, die die Pflanzen hervorbrachten: Luft zum Aufatmen, Schönheit für die Welt, Nahrung für Bedürftige, immer eine gute Botschaft – und auch einige Samen, die zu freien Pflanzen außerhalb des Gartenzauns führten. Alles in allem: ein echter Segen.

Allerdings war in den letzten Jahren etwas Besorgniserregendes geschehen: Das Wasser wurde zunehmend knapper! Irgendwie wollte der dicke lila Gartenschlauch nicht mehr die benötigte Menge liefern. Es wurde für die Gärtnerin immer schwerer, alle Pflanzen ausreichend zu bewässern. Oder lag es doch daran, dass die Pflanzen inflationär insgesamt mehr Wasser brauchten?

Einige ließen schon die Köpfe hängen und verloren an Farbe. Manchmal wusste die Gärtnerin gar nicht mehr, was zuerst da war. Der Wassermangel oder die miese Stimmung unter den Pflanzen.

Ihr blieb mit der Zeit nichts anderes mehr übrig, als zu mähen und zu beschneiden. Sie stellte den Rasenmäher in der ersten Runde auf 3,5 Prozent und dann in der zweiten Runde auf 2,0 Prozent und fuhr über den Rasen einmal drüber. Über den Rest des Gartens fuhr sie mit 0,9 Prozent-Einstellung.

Aber – oh nein – ihr gut gemeintes Ansinnen kam bei den zu Bewässernden gar nicht gut an. Die Grashalme beschwerten sich, die Sonderpflanzen beschwerten sich und mehr Wasser blieb am Ende auch nicht übrig. Die Gärtnerin war betrübt – hatte sie doch die letzten Jahre immer viel, viel Wasser in ein Rücklagebecken gefüllt für die betagten Pflanzen und ihre sehr betagten Hinterbliebenen … alles brachte nichts. 

Die trübe Aussicht auf noch weniger Wasser in den kommenden Jahren tat ihr übriges. Die Gärtnerin war ernüchtert und auch ein bisschen traurig. Klar. Sie steuerte perspektivisch auf den gefühlten Kahlschlag zu. So war es total verständlich, dass sie sich echt um die Zukunft zersorgte – obwohl doch ihre ureigene Bestimmung eigentlich war, Leben zu fördern, zu bringen, neu aufblühen zu lassen.

In ihrer Verzweiflung berief die Gärtnerin einen Gartenrat ein. Sie fragte die Offene Birke und Kirche für Borken. Sie lud Basilikum und Kirche ein – und auch noch die lebendige Weide. Irgendwie kamen sie gemeinsam überein – fragt mich nicht wie – dass es wohl besser sei, sich von einzelnen Pflanzen zu verabschieden, um sich auf Weniger zu fokussieren.

Oh Wunder.

Die Gärtnerin entschied sich also dazu – natürlich in einem schmerzhaften, schweren Prozess – einige Pflanzen des Gartens aufzugeben. Es tat weh – einmal holte sie sogar die Kettensäge raus und fällte einen sehr großen alten Baum, der schon seit einiger Zeit keine Früchte mehr trug. Sie trauerte  -aber mutig verschenkte sie auch einige Gewächse. Andere wiederum versetzte sie in das gemeinsame Gartenstück mit Baden. Und wieder andere entließ sie in die Selbständigkeit. 

Nun konnte Sie sich auf weniger konzentrieren und siehe da -das Wasser reichte! Die immer weniger werdenden, aber stabilen Grashalme konnte sie gut bewässern, genau so wie einige ganz neue Pflänzchen, die wild und schön wuchsen. Diese wurden für sie zu einer unbekannten neuen Form von Garten – mitten im Garten.

Besonders da, wo vorher der große alte Baum stand, war jetzt ein neuer Sonnenfleck mit super Nährboden entstanden. Immer wieder waren auch frische Pflanzen dabei, die sich selbst mit Wasser versorgten. Sie waren oft kleiner und jünger und brauchten auch nicht viel an Zäunen oder ordnenden Maßnahmen der Gärtnerin. Sie brauchten nur Liebe&Zuneigung und etwas Platz im Garten. Diese jungen Wilden beschützte die Gärtnerin ganz besonders. 

Eines schönen Herbsttages saß die Gärtnerin dann im Liegestuhl und schaute zufrieden nach Ihrem Stückle. Der Garten wurde kleiner, mag sein, aber er wurde auch diverser. Er verband nun sehr gut die Traditionen und die Innovationen. Er ermöglichte vieles. 

Einmal kam sogar ein Brautpaar vorbei, das den Garten nur vom Hörensagen kannte. Die Gärtnerin konnte den Beideneine ganz ausgefallene Blume für den Brautstrauß schenken – ein hübscher Segen.

Kurzum: Der Garten war wieder relevanter geworden für die Menschen um ihn herum. Die Stimmung der Pflanzen hob sich und auch der Gärtnerin entwich ein zartes Lächeln.

Sie hatte gelernt: In einer Übergangsphase gilt es, das früher Gewachsene großzügig zu beschneiden und gleichzeitig großzügig Neues zu säen und zu probieren. Im großen Gartenwandel braucht es Abschied, Neubeginn und vor allem Bewässerung für frische ungewohnte Setzlinge.

Nun kam es der Gärtnerin irgendwie auch so vor, als würde jedes Jahr doch wieder mehr Wasser strömen. Woher auch immer. Leise hörte man die Gärtnerin die Melodie eines Liedes vor sich hin summen: 

„Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand.“

Liebe Geschwister, lasst uns sein wie die Gärtnerin. Nur noch einmal einen solchen Rasenmäher-Haushalt. Bitte nur noch dieses Mal so wenig Spielräume und kaum Experimentierräume. Und nächstes Mal: Mehr Mut zum Lassen, mehr Mut zum Fokussieren, mehr Mut für Neues.

Diese Geschichte würden wir von Kirche für morgen gerne mit euch allen gemeinsam erzählen.

Synodaler Tobi Wörner